SAP revolutioniert Kernprodukt Business Suite

SAP HANA, SAP Fiori und Cloud – In dieser Kombination will SAP bei S/4 HANA den Betrieb vereinfachen und Kosten senken. Das höhere Tempo und die bessere Vernetzung sollen den Business-Nutzen steigern.

Voller Euphorie: „Mit der SAP Business Suite für HANA definieren wir das Konzept des Enterprise Resource Planning für das 21. Jahrhundert neu“, wirbt SAP-Vorstandsvorsitzender Bill McDermott bei der Produktvorstellung an der New Yorker Börse. „Wir verbinden Software und Anwender, so dass sie ihre Geschäfte in Echtzeit, vernetzt und einfach abwickeln können.“ Aber nicht alle Marktkenner sehen in SAP S/4 HANA eine Revolution. Steve Janata von Crisp Research: „Revolutionen sehen anders aus.“ Seine Einschätzung zu SAP S/4 HANA steht unter diesem Link.

SAP S/4HANA heißt das neue Produkt, wobei das S für Simple steht und die 4 für die vierte Produktgeneration. Es handelt sich um den Nachfolger des bisherigen Kernprodukts SAP Business Suite, der inzwischen komplett auf der In-Memory-Datenbank SAP HANA läuft. Während in der vor zwei Jahren vorgestellten SAP Business Suite on HANA lediglich die bisherige SQL-Datenbank gegen SAP HANA gewechselt wurde, übernimmt die In-Memory-Datenbank in der neuen Applikation auch Anwendungsfunktionen.

SAP Simple Finance als Beispiel für Vereinfachung

Simplification lautet das Zauberwort von SAP S/4 HANA, und dieses Konzept ist seit dem vergangenen Jahr bekannt, als die Walldorfer einige Produkte mit dem S-Präfix angekündigt hatten. Die Lösung SAP Simple Finance beispielsweise, die über Echtzeitinformationen Innovationen in der Finanzabteilungen ermöglichen soll. Die dabei verwendeten technischen Konzepte hatte Technologievorstand Bernd Leukert im Oktober auf der Anwenderkonferenz SAP TechEd beschrieben: die In-Memory-Datenbank SAP HANA soll durch den Wegfall und Aggregaten das Datenmodell vereinfachen, die Benutzeroberfläche SAP Fiori soll gegenüber der bisherigen SAP GUI die Bedienung vereinfachen, während Cloud-Deployments die Implementierung beschleunigen und die Flexibilität steigern sollen.

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©SAP: Hasso Plattner

Den Anteil von SAP HANA erläutert SAP-Mitbegründer und Aufsichtsratschef Hasso Plattner, der das Datenbank-Konzept am Hasso Plattner Institut in Potsdam maßgeblich vorbereitet hat: sämtliche Daten lagern Hauptspeicher, dadurch können die bisher notwendigen Indizes und Zwischentabellen entfallen. Das System laufe dadurch drei bis siebenmal schneller, während sich durch die Parallelverarbeitung der Datendurchsatz um den Faktor 50 erhöhe. Die Analysegeschwindigkeit steige je nach Anwendung um den Faktor zehn bis 250.000.

Die Systemgröße soll auf unter zwei Prozent schrumpfen

Die Größe des ERP Systems, die bei einem Beispielsystem bisher 600 Gigabyte betragen habe, soll in mehreren Schritten schrumpfen. Nach dem Wechsel auf SAP S/4 HANA betrage das Volumen noch 42 Gigabyte, und wenn man dann noch aktuelle und historische Daten trenne, schrumpfe das Beispielsystem auf 8,4 Gigabyte. „Ein System dieser Größe kann heute auf einem Smartphone laufen“, bringt Plattner die Volumenverkleinerung auf den Punkt. Ein weiterer Hebel zur Kostensenkung liege darin, dass die bisher aus Performancegründen vom Hauptsystem getrennten Anwendungen wie Kundenbetreuung, Logistik sowie Analyse wieder in den Kern zurückgeführt werden sollen. „Wir beschleunigen das System nicht nur, sondern vereinfachen es massiv“, erläutert Plattner. „Das senkt die Betriebskosten und steigert die Flexibilität.“

Cloud first, aber nicht Cloud only

Als weiteren großer Hebel zur Senkung der Kosten, zur Beschleunigung der Implementierung und zur Vereinfachung des Betriebs betrachtet SAP die Cloud. Ähnlich wie bei Microsoft wurde SAP S/4 HANA nach dem Cloud-First Prinzip entwickelt und unterstützt sämtliche Betriebsarten der Cloud. Gleichzeitig laufe die Applikation auch On Premise, so dass die Anwender bei der Betriebsvariante die maximale Freiheit hätten. Die unterschiedlichen Cloud-Varianten verfügen Stand heute über einen unterschiedlichen Funktionsumfang. So sei die Public Cloud Edition nicht für alle 22 Zielindustrien der SAP verfügbar, weil etwa im Gesundheitswesen oder in der Finanzbranche die Public Cloud nicht üblich und teilweise gar nicht zulässig sei. Die Managed Cloud Edition hingegen enthalte sämtliche Branchenfunktionalitäten. Ebenso die On Premise Edition, die sich bei Bedarf jederzeit in die Cloud migrieren lasse.

Ariba, SuccessFactors und Co vernetzen Unternehmen

Auch die Funktionalitäten des betriebswirtschaftlichen Systems will SAP über die Cloud erweitern. SAP S/4HANA unterstütze die in den vergangenen Jahren von SAP zugekauften Cloud-Module Ariba (E-Procurement), Fieldglass(Verwalten und Steuern freier Mitarbeiter) und SuccessFactors (Mitarbeiterverwaltung. Wie bereits im vergangenen Jahr angekündigt, soll SAP HANA nach und nach in diese Cloud-Produkte integriert werden. Die Cloud-Module sollen die Vernetzung der Unternehmen mit Geschäftspartnern und Kunden steigern und dadurch neue Geschäftschancen ermöglichen.

Business Case auf der Smartwatch mit Fiori

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©SAP

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Der nach außen am deutlichsten sichtbare Baustein der Vereinfachung ist die HTML5-basierte Benutzeroberfläche SAP Fiori. Diese soll die Bedienung vereinfachen und das bisher oft als altbacken kritisierte Erscheinungsbild der SAP-Module an das von jüngeren Konkurrenzlösungen angleichen. Wegen der auch dafür notwendigen Mitarbeiterschulung erwartet Plattner nicht, dass die Anwender von SAP S/4 HANA in allen Abteilungen sofort auf die neue Benutzeroberfläche umsteigen. Um den Unternehmen einen schrittweisen Umstieg zu ermöglichen, will SAP die alte und die neue Oberfläche eine Zeitlang parallel im System vorhalten.

US-Analyst schätzt die Kostensenkung als eher gering ein

Der US-Analyst und Consulter Vinnie Mirchandani, der in seinem jüngst erschienenen Buch SAP Nation die Unzufriedenheit von SAP-Anwendern mit den Kosten und der Komplexität ihrer SAP-Lösungen beschrieben hat, zeigt sich hinsichtlich der von Hasso Plattner beworbenen Änderungen eher skeptisch: „Die Auswirkungen auf die Gesamtausgaben für SAP-Systeme dürften aus meiner Sicht minimal sein. Was die Vereinfachung betrifft, so gehe ich davon aus, dass die meinem Buch beschriebenen Varianten innovativer SAP-Anwender wohl effizienter sind. Die von der SAP vorgeschlagenen Änderungen sind sicherlich eine Erleichterung, aber die Anwender sollten sich damit nicht zufrieden geben.“ Mirchandani beschreibt anhand von Kundeninterviews mehrere Varianten, wie SAP-Anwender ihre Systeme vereinfachen und deren Kosten senken: „Ich habe SAP-Anwender gefunden, die ihre unternehmensweite Standardsoftware komplett austauschen, andere, die ihr SAP-System durch Module von Drittanbietern anreichern, solche, die komplett SAPs Produktstrategie folgen und Pragmatiker, die je nach Bedarf Handlungsweisen der einen oder der anderen Gruppe anwenden.

Preismodell ist noch unklar

Zum Pricing von SAP S/4 HANA machen die Walldorfer bislang keine Angaben. Die amerikanische Information Week führt in ihrer Online-Ausgabe SAP-Vorstand Bernd Leukert aber mit folgender Aussage an: …On licensing, Leukert said that Business Suite customers are entitled to use S/4Hana apps; they need only add a Hana platform license in order to make the switch. Customers that had already converted to Business Suite on Hana will be upgraded to S/4Hana licenses at no charge, and they will be able to choose which simplified apps and updated interfaces they wish to use. …

Andreas Oczko, Vorstand Operations/Service und Support bei der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) stellt hier klare Forderungen: „Wir sind davon überzeugt, dass die Kunden ein Anrecht darauf haben, dass über die Datenbank hinaus keine weiteren Lizenzkosten für SAP S/4HANA entstehen. Die Unternehmen werden sich die Entwicklung in diesem Bereich genau anschauen und sehen, ob das Produkt einen entsprechenden Mehrwert liefert.“

Anwendervertreter erwarten eine geringe Breitenakzeptanz

Die Akzeptanz des neuen SAP-Produkts auf breiter Front schätzt DSAG-Vorstandsvorsitzender Marco Lenck eher skeptisch ein: „SAP S/4HANA eignet sich für visionäre Unternehmen beziehungsweise für Vorreiter, für die innovativ abgebildete Geschäftsprozesse einen großen Wettbewerbsvorteil darstellen. Für den Großteil der Unternehmen dürfte das Produkt noch Zukunft bleiben. Ihre Prioritäten liegen eher auf klassischen Projekten rund um das ERP-System.“ jf

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