SAP HANA konsolidiert die Systemlandschaft

Neuartige Anwendungen sowie Systemkonsolidierung sind laut SAP-Vorstand Gerhard Oswald die Nutzentreiber von SAP HANA. (Ausgabe 4/2013)

Gerhard Oswald leitet als Mitglied des Vorstands und des Global Managing Board der SAP den Vorstandsbereich On Premise Delivery.

Gerhard Oswald leitet als Mitglied des Vorstands und des Global Managing Board der SAP den Vorstandsbereich On Premise Delivery.

Laut der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) setzen Unternehmen SAP HANA derzeit nur punktuell ein. Mit der Datenbank in einem Transaktionssystem wolle niemand experimentieren. Wie überzeugen Sie die Kunden von einer Migration?
Wir schaffen jetzt möglichst schnell Referenz-Cases, wo wir den Betrieb, die Hochverfügbarkeit, das Lifecycle-Management und die Betriebskosten im Detail erläutern. Nur so können wir die Kunden überzeugen. Diesen Weg sind wir auch beim Wechsel von R/2 nach R/3 gegangen. Damals mussten wir nachweisen, dass Unix und die Client-Server-Architektur für betriebswirtschaftliche Anwendungen reif sind, heute geht es um das In-Memory-Konzept. Bis zur SAPPHIRE Now in Orlando wollen wir so viele Kunden im Live-Betrieb von SAP HANA haben, dass Interessenten Vertrauen gewinnen. Und es gibt auch einige Kunden, die sich schnellstmöglich mit der Implementierung von SAP HANA selbst erhebliche Vorteile gegenüber ihrem Wettbewerb erhoffen. Gerade mit diesen Kunden implementieren wir sehr gerne auch bereits mitten in transaktionalen Sys­temen.

Erarbeiten Sie Blueprints für den schrittweisen Ausbau von Pilotprojekten?
Genau das tun wir mit unseren Einsatzszenarien. Die Unternehmen nähern sich dem Thema SAP HANA schrittweise. Hätte die SAP kein Commitment abgegeben, dass die komplette Business Suite inklusive aller Module auf diese Technologie portiert wird, würden die Kunden auch keine derartigen Pilotanwendungen starten. Niemand will nämlich auf lange Sicht verschiedenartige Datenbanken in seiner IT-Landschaft pflegen. Das Endziel muss immer die Konsolidierung sein. Haben sich Kunden einmal für diesen Weg entschieden, geht es um die Geschwindigkeit der Umsetzung. Wenn die SAP entsprechend liefert, entsteht Vertrauen und der Weg ist vorgezeichnet.

Das Vereinfachen der SAP-Landschaften haben Sie auf den DSAG Technologietagen als Ziel genannt. Andererseits sei der Schritt in Richtung In Memory größer als der von R/2 nach R/3. Wie können Kunden Innovation und Vereinfachung unter einen Hut bringen?
SAP HANA ermöglicht eine deutliche Vereinfachung der Systemlandschaft. So fallen bei Analysesystemen die bisher aus Performance-Gründen notwendigen Aggregate weg. Weiterhin lassen sich Satellitensys­teme wie etwa Kundenmanagement oder Logistiksteuerung künftig auf eine gemeinsame Datenbanklogik zurückführen. Damit entfällt das bisherige Replizieren der Datenbanken, und Aspekte wie Backup/Recovery, Lifecycle Management sowie die Middleware vereinfachen sich deutlich. Bisher war eine derartige Zusammenführung über verschiedene Layer-Definitionen in einer Datenbank sehr kompliziert, künftig wird das viel einfacher. Wenn ein Unternehmen allerdings weiterhin für bestimmte Anwendungen ein getrenntes System betreiben will, ist das weiterhin möglich.

Die beschriebene Vereinfachung betrifft in erster Linie die IT-Abteilung. Wie sieht es mit den Endanwendern aus?
Für die Endanwender vereinfacht sich der Umgang mit dem Analysesystem. Bisher können sie nur die Anfragen stellen, welche entweder die IT-Abteilung oder ein SAP-Partner eingerichtet hat. Künftig arbeiten sie mit einem MS Excel Frontend direkt auf SAP HANA, ohne vorher die IT-Abteilung beauftragen zu müssen. Da die Endanwender direkt auf der Originaldatenbank arbeiten, entfallen hunderte oder sogar tausende eigener MS-Excel-Tabellen. Die Flexibilität steigt, und die Fachabteilungen können im Rahmen von Self Service BI nach Bedarf eigene Analysen durchführen.

Wie sieht es mit den neuartigen Applikationen aus, die erst durch die enorme Geschwindigkeit von SAP HANA  möglich werden? Haben Sie hier Beispiele?
Einige solcher Applikationen haben wir auf den Markt gebracht. Ein Beispiel ist Trade Performance Management für die Konsumgüterindus­trie, das Kampagnen über mehrere Produktgruppen hinweg ermöglicht. Bisher konnten die Systeme lediglich Einzelaktionen simulieren. Für die Versicherungsbranche haben wir eine Applikation zur Betrugserkennung entwickelt. Ein drittes Beispiel ist eine Applikation für Cus­tomer Intelligence, die nicht wie bisher lediglich einen Markt, eine Region oder ein Land hinsichtlich der Profitabilität betrachtet, sondern auch Einzelkunden hinsichtlich ihrer Aktivitäten, Umsätze und Profite. Im Handel arbeiten wir mit Point-of-Sales-Daten auf der Ebene des einzelnen Datensatzes und nicht wie bisher auf der Ebene der Filiale oder der Produktgruppe. Nach und nach entwickeln wir derartige Applikationen für weitere Industrien.

Wandern diese Applikationen als Best Practices in die SAP Business Suite?
Es wandert der Teil der Applikationen als Best Practice hinein, der die Business Suite schlicht abrundet. Andere Applikationen, zum Beispiel die High-Value Applications, bedeuten eine erhebliche Funktionserweiterung und werden dementsprechend gesondert bepreist. Sie werden ausgeliefert als Rapid Deployment Solution inklusive Content und Konfiguration. Um auf den heutigen SAP-Systemen einen einfacheren Start zu ermöglichen, bieten wir den Betrieb dieser Lösungen auch in einem Side-by-Side-Szenario an. Eine Systemkonsolidierung lässt sich allerdings nur dann erreichen, wenn die neuen Applikationen als Teil der SAP Business Suite laufen.

Mit dem Aufbau und dem Betrieb eines In-Memory-Systems haben die wenigsten IT-Manager Erfahrung. Welche Services bietet die SAP als Hilfestellung an?
Wir haben den Wissenstransfer ausgebaut und den bildet SAP HANA inzwischen systematisch im Solution Manager ab. Desweiteren gab es bei so großen Innovationen ausschließlich kostenpflichtige Classroom Trainings. Jetzt bieten wir zusätzlich Diskussionsforen und E-Learning an. Über Social-Media-Komponenten machen wir Best Practices in der Community kostenlos verfügbar. Den SAP Solution Manager haben wir so erweitert, dass er Implementierung, Go Live und den Betrieb von In-Memory-Systemen umfasst. Er deckt nun Themen wie Konfiguration, Hochverfügbarkeit, Test- und Produktionssystem und Lifecycle Management ab und steuert zudem im Bedarfsfall die Early Watch Alerts an den SAP Support.

Deckt der SAP Solution Manager auch Multi-Node-Systeme ab, die mehrere SAP-HANA-Instanzen koppeln?
Ja. Im Rahmen der Systemkonsolidierung können SAP BW und SAP ERP künftig auf einer Instanz von SAP HANA laufen. Um die Ausfallsicherheit zu erhöhen, kann ein solches In-Memory-System mit zwei Knoten arbeiten. Fällt einer aus, übernimmt der andere dessen Aufgaben. Außerdem gewährleisten wir über das Zusammenlegen von transaktionalem und analytischem Business eine optimale Ausnutzung der Hardware. Bei einem Multi-Node-System werden die Daten in Partitionen abgelegt. Ein Algorithmus liest den SQL-User-Cache aus und stellt anhand der historischen Zugriffe eine optimale Verteilung der Daten sicher.

Plant SAP eine eigen-gebrandete Hardware für SAP HANA?
Nein. Wir haben uns bewusst entschieden nicht in das Hardware-Business einzusteigen. In einem Fachmagazin ist das Bild eines weißen SAP HANA Servers mit SAP-Logo aufgetaucht. So etwas machen wir manchmal auf Messen.jf

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