SAP-Technikvorstand schärft seine Cloud-Strategie

Die Cloud soll laut SAP-Technikvorstand Bernd Leukert die dominierende Betriebsform für Unternehmenssoftware werden. Ende des Jahrzehnts erwartet SAP mit Mietsoftware mehr Einnahmen als mit Inhouse-Lösungen.

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„SAP HANA One ist bereits auf Amazon Web Services verfügbar“, antwortet SAP-Produktvorstand Bernd Leukert auf die Frage nach einem Preismodell, das sich mit dem Amazon-Gebühren vergleichen lässt. Mit einer niedrigeren Mindestanforderung bei der Hauptspeichergröße will SAP die Einstiegshürde für SAP HANA tiefer legen. (Quelle: SAP)

Einfach, so lautet die oberste Maxime: „Wir wollen, das unsere Kunden einfache Lösungen einsetzen, und diese werden künftig vermehrt aus der Cloud kommen.“ So formuliert Bernd Leukert, Mitglied des SAP Executive Board für Produkte und Innovationen, den Auslöser der Walldorfer Strategie in Sachen Cloud und Mietsoftware. SAP werde künftig komplett neue Anwendungen auf Basis von SAP HANA erstellen. Diese nutzen die In-Memory-Lösung nicht nur als schnelle Datenbank, sondern vielmehr als Applikationsplattform. Ein erstes Beispiel für Lösungen dieser Art stelle das im Mai vorgestellte SAP Smart Financials dar.

Die Cloud soll Innovationen beschleunigen

Der Hauptvorteil der Cloud für Unternehmen besteht laut Leukert darin, dass sie Innovationen ohne Zeitverzug nutzen können. Bei einer Mietlösung spiele der Provider die anstehenden Upgrades im Hintergrund ein, ohne dass die Anwender dafür Systemausfälle oder eine Verschlechterung der Dienstgüte hinnehmen müssten.

Für eine einfache Bedienung der Applikationen rund um den SAP-HANA-basierten Kern sorgte die App-Sammlung SAP Fiori. Diese Produktreihe umfasst Apps, mit denen sich häufig genutzte Geschäftsaufgaben wie Kundenaufträge, Rechnungen und Reisekostenabrechnungen bearbeiten lassen. SAP greift mit diesen web-basierten Apps den Trend zur IT-Konsumerisierung auf. Mit derartigen Applikationen sollten Unternehmen Innovationen einführen, während der Kern der Unternehmenssoftware konsistent und stabil bleibe. Nach und nach könnten Unternehmen auf dieser Basis ihre bestehenden Geschäftsprozesse umbauen und modernisieren.

Cloud First, aber On Premise als Alternative

Ähnlich wie Microsoft ruft Leukert in der Produktentwicklung eine Cloud First Strategie aus. Neue Funktionen sollen demnach zunächst in Cloud-Modulen und erst später in On-Premise Applikationen erscheinen. Die Cloud wird laut Leukert künftig zu einer Standard-Betriebsform für Unternehmenssoftware. SAP biete drei Cloud-Varianten: die HANA Enterprise Cloud, das ist eine gemanagte Cloud-Umgebung, wo Unternehmen beispielsweise SAP ERP on HANA betreiben können. In der Public Cloud laufen Anwendungen wie SAP Ariba und SAP Hybris (eCommerce) und SAP JAM, eine Social-Media-Plattform für Unternehmen. Lediglich Mission Critical Systeme würden Unternehmen auch künftig in hauseigenen Rechenzentren beitreiben.

Auch wenn Leukert die Cloud bei der Produktentwicklung in den Vordergrund stellt, will er Unternehmen keinesfalls zu dieser Betriebsform drängen oder gar zwingen. SAP werde weiterhin auch die klassischen Inhouse-Anwendungen anbieten.

Amazon Web Services als Gradmesser für Cloud-Pricing

Der SAP-Mitgründer und heutige SAP-Aufsichtsrat Hasso Plattner hat kürzlich in einem Blog-Beitrag die Vorteile von SAP Business Suite on HANA in zwölf Thesen beschrieben. Dabei geht es schwerpunktmäßig um die dramatische Beschleunigung des Systems durch SAP HANA und die gleichzeitig mögliche Vereinfachung durch den Wegfall der bisher nötigen Aggregate und Indizes. Der amerikanische Analyst und Consultant Vinnie Mirchandani fordert den SAP-Patriarchen ebenfalls in einem Blog Beitrag dazu auf, seiner Aufzählung einen dreizehnten Punkt hinzuzufügen, nämlich die Preise für Software und Services nach dem Vorbild vom Amazon dramatisch zu senken. Im Vergleich zu Amazon Web Services, so das Argument von Mirchandani, seien die Kosten für den Betrieb eines SAP-Systems deutlich zu hoch.

Einen Umstieg auf das Preismodell von Amazon kann Leukert nicht ankündigen. Immerhin sei HANA One auf Amazon Web Services verfügbar. Weiterhin arbeite SAP daran, bei SAP-HANA-Systemen die heute 64 Gigabyte umfassende Mindestgröße des Hauptspeichers zu verringern auf möglicherweise 250 bis 400 Megabyte. So soll für Unternehmen die Einstiegshürde in diese Technologie niedriger ausfallen. Eine diesbezügliche Ankündigung sei in den kommenden Wochen zu erwarten. Ein mögliches Einsatzgebiet für derart kleine SAP-HANA-Systeme seien kleinere Teams, welche die Möglichkeiten von Predictive Analytics erkunden wollen. Insgesamt betrachtet Leukert diese Systeme allerdings nicht als Alternative oder gar Ersatz für bestehende SAP-HANA-Anwendungen, sondern als „Appetizer vor dem Hauptgericht“, also einen Einstieg in eine vollumfängliche SAP-HANA-Anwendung.

Mehr Mietlösungen als Kaufsoftware bis Ende des Jahrzehnts

Damit SAP auch selbst von der Cloud-Welle profitiert, muss das Unternehmen wohl sein Modell der Abrechnung von Umsätzen anpassen. Bisher erhalten die Walldorfer beim Verkauf von Inhouse-Software Lizenzgebühren beim Vertragsabschluss und später jährliche Wartungsgebühren. In der Cloud hingegen fällt beim Vertragsabschluss keine Einmalzahlung an, stattdessen fließen regelmäßige Nutzungsgebühren. Während sich der Wert von Inhouse-Lizenzen laut SAP Finanzvorstand Luka Mucic bereits im Quartal des Verkaufs positiv niederschlage, würden die Einnahmen aus Cloud-Lizenzen typischerweise über drei Jahre verrechnet. Nach vier Jahren allerdings seien die Mieteinnahmen im Cloud-Geschäft höher als die Einnahmen aus dem Verkauf von Inhouse-Software.

Aktuell erzielt SAP im Cloud-Geschäft vergleichsweise geringe Umsätze, kann aber auf eine hohe Wachstumsrate verweisen. Die Frage, bis wann sich die Cloud als dominierendes Betriebsmodell für Enterprise Software durchsetzt, beantwortet Mucic mit einem Vergleich: „Bei Cloud-Anwendungen erzielen wir zweistellige Wachstumsraten. Die klassische On-Premise-Software wächst hingegen einstellig. Demnach dürfte bis Ende des Jahrzehnts unser Cloud-Umsatz höher sein als die Einnahmen aus dem Verkauf und der Wartung von Inhouse-Software.“ Als größte Wachstumsfelder für Cloud-Anwendungen erwartet Mucic zum einen medizinische Anwendungen etwa in der Krebsforschung und –behandlung, zum anderen Lösungen für die industrielle Vernetzung unter dem Banner Industrie 4.0 beziehungsweise Internet der Dinge. jf

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