Exklusiv-Interview: „SAP HANA erfüllt als einzige Datenbank unsere Anforderungen für eine moderne In-memory Business Suite“

SAP S4/HANA vereinfacht das System und senkt dessen Kosten, berichtet Sven Denecken, Global Vice President von SAP. Kunden, die für ihr SAP-System Datenbanken anderer Hersteller nutzen, bekämen die Innovationen, wo dies möglich und sinnvoll sei.

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Zusammen mit der DSAG priorisieren wir gerade diejenigen Bereiche, die wir mit S4/HANA als nächstes angehen“, berichtet Sven Denecken, Global Vice President Co-Innovation und Strategie S/4HANAvon SAP. „Einer der nächsten Bereiche wird wohl die Logistiksteuerung sein.“ (Quelle: SAP)

Run Simple hat Bernd Leukert bereits im vergangenen Jahr als Leitlinie der SAP vorgestellt. Was hat sich daran mit S/4HANA  geändert?

SAP S/4HANA ist unsere erste Lösung, die komplett und ausschließlich auf SAP HANA, als Datenbank und Platform, hin optimiert wurde. Wir haben im vergangenen Jahr einen Code-Split zu einer neuen Entwicklungslinie gemacht. Diese bekommt als User Experience durchgängig SAP Fiori und nutzt neue Services der HANA-Platform. Wir übernehmen in dieser Produktlinie das von der bisherigen Suite, was weiterhin sinnvoll ist, werfen aber nicht mehr benötigte Teile raus. Und wir entwickeln darüber hinaus komplett neue Themen.

Bei der Produktvorstellung vonS/4HANA war von Einsparungen im Systembetrieb die Rede. Wo entstehen diese und wie hoch können sie ausfallen?

Wir haben das Datenvolumen von S/4HANA erheblich reduziert. Eine SAP Business Suite für ein Unternehmen mit 70.000 Mitarbeitern beispielsweise hatte früher eine Größe von 7 Terabyte. Nun sind wir auf 0,7 Terabyte herunter gekommen, also gerade einmal auf ein Zehntel. Das hat einen massiven positiven Einfluss auf die Kosten für Hardware, Netzwerke und Backups, das sind allesamt typische Faktoren für die Total Cost of Ownership.

S/4HANA muss keine Indizes und Aggregate mehr befüllen und bucht stattdessen beispielsweise bei einem Finanzprozess direkt auf der Ebene der Einzelbelege – ein puristisches Datenmodell also. Dies steigert den Datendurchsatz um den Faktor drei bis sieben. Analyse-Anwendungen laufen ebenfalls schneller, weil die In-Memory-Technologie derartige Aktionen on the fly ausführt. Schließlich arbeiten wir daran, die bisher getrennten Module wie beispielswese Kundenbeziehungsmanagement, Logistiksteuerung und Produktdatenmanagement in einem gemeinsamen System zusammenzuführen. Das wird die SAP-Landschaft vieler Unternehmen deutlich optimieren.

Die Anwendervereinigung DSAG fordert, dass SAP-Anwender weiterhin eine Wahlfreiheit bei der Datenbank haben. SAP S/4HANA fokussiert ja ausschließlich auf SAP HANA. Bekommen Anwender anderer Datenbanken ähnliche Innovationen?

Ja, auch die Anwender der SAP Business Suite 7, deren Wartung wir ja bis 2025 verlängert haben, bekommen Innovationen. Bei der Priorisierung arbeiten wir intensiv mit den Anwendergruppen zusammen. Im Rahmen des nächsten Enhancement Packages können wir uns vorstellen, manche Innovationen der neuen Codeline auch für die SAP Business Suite 7 zur Verfügung stellen, wo dies möglich und sinnvoll ist. Generell gehen wir davon aus, dass sich spaltenbasierte In-Memory-Datenbanken im Markt durchsetzen werden. Sobald ein anderer Hersteller eine solche Datenbank verfügbar macht, die in den Benchmarks performant ist und von den Kunden akzeptiert wird, kann man diese bestimmt für neue SAP-Systeme freigeben. Da sind wir offen. Stand heute ist allerdings SAP HANA die einzige Datenbank, die unsere Anforderungen  für eine moderne In-memory Business Suite erfüllt. Wir laden jeden anderen Hersteller ein auf der HANA Plattform zu entwickeln, so wie es auch Partner von uns heute schon tun. Diese Plattform ist offen gestaltet und sicher sehr interessant für moderne Lösungen.

Hasso Plattner hatte bei der Produktvorstellung davon gesprochen, dass S/4HANA aktuelle Daten anders behandelt als Archivdaten. Bernd Leukert hatte bereits 2014 eine Mehrschichtarchitektur vorgestellt, bei der weniger heiße Daten auf Solid State Disk lagern. Wie sieht die Architektur konkret aus?

Wenn man in einem In-Memory-System den Umfang der Daten im Hauptspeicher reduziert, kann man die Kosten deutlich senken. Historische Daten, also solche, die nicht mehr verändert werden, kommen auf einen separaten Knoten. Die Entwicklung in diesem Bereich läuft noch. Die ersten Kunden haben dieses Verfahren im Laborumfeld getestet, aber wir rollen es noch nicht breit aus. Sobald die Allgemeine Verfügbarkeit vor der Tür steht, werden wir Details kommunizieren.

Wie steht SAP S/4HANA im Vergleich zu SAP Business Suite on HANA da?

Bei SAP Business Suite on HANA haben wir im vergangenen Jahr SAP HANA als Datenbank eingeführt und einige Vereinfachungen und Optimierungen vorgenommen. Zwei Rahmenbedingungen haben uns dabei noch im Wege gestanden, ein wirklich neues Produkt zu entwickeln: alles, was wir entwickelt haben, musste theoretisch auch mit jeder anderen Datenbank funktionieren. Und wir mussten alle Funktionen aus der vorherigen SAP Business Suite komplett übernehmen. Beide Restriktionen fallen nun weg. Wir konzentrieren uns darauf, ein Produkt zu bauen, das vollständig auf die spaltenorientierte transaktionale In-Memory-Datenbank SAP HANA optimiert ist. Und wir nehmen uns vor, zur Vereinfachung und Flexibilisierung auch Funktionen wegzulassen.

Für SAP ERP on HANA fehlen die Business Cases, hat die DSAG im vergangenen Jahr die Investitionszurückhaltung ihrer Mitglieder begründet. ERP-Systeme hätten standardisierte Geschäftsprozesse, die durch eine Beschleunigung nicht unbedingt besser würden. Ein Business Case müsse die Frage beantworten, was sich im Geschäft verbessert, beispielsweise geringere Lagerbestände. Was antworten Sie darauf?

Genau diese Fragen beantworten wir anhand von konkreten Kundenprojekten. So haben wir Einsatzbeispiele von SAP Simple Finance, wo nicht nur die Prozesse im Finanzwesen besser wurden, sondern die Finanzabteilung mehr Informationen als früher direkt an andere Geschäftsbereiche übergibt, und diese daraufhin bessere Entscheidungen treffen. Für die Business Suite on HANA haben wir inzwischen rund 1850 Kunden, von denen einige hundert live sind. 75 Prozent der großen Projekte wurden dabei innerhalb von weniger als sechs Monaten umgesetzt. Das ist deutlich weniger Aufwand als bei früheren Upgrades. Über die Hälfte der Projekte wurden von unseren Partnern durchgeführt.

Zusammen mit der DSAG und anderen Nutzergruppen diskutieren wir gerade die industriespezifische und funktionale Roadmap und priorisieren diejenigen Bereiche, die wir mit S4/HANA als nächstes angehen. Dieser Co-Innovations-Ansatz hat sich bewährt. Konkret wird das davon abhängen, wo sich die Anwender den größten positiven Effekt erwarten. Einer der nächsten Bereiche wird sicher die Logistiksteuerung sein.

Monolithische Anwendungen wie die SAP Business Suite in logische Einzelelemente zu zerlegen, hat Bernd Leukert 2014 angekündigt. Die Anwender müssten dann nicht mehr sämtliche 400 Millionen Code-Zeilen installieren, sondern nur noch das, was sie brauchen. Wie weit sind Sie hier gekommen?

Wir haben S/4 HANA so optimiert, dass Unternehmen das System schrittweise für einzelne Geschäftsbereiche einführen können. Kunden beginnen beispielsweise mit Finanzwesen oder dem Marketing oder der Logistik und machen dann nach Ihrer eigenen Roadmap weiter, bis sie sämtliche ERP-Rollen durch haben. Wir gehen davon aus, dass nur wenige Unternehmen einen Komplettumstieg als „Big Bang“ vornehmen. Sie werden sich stattdessen sehr genau den technischen und den Geschäftsmehrwert anschauen und dann einen bestimmten Bereich herausgreifen. Einsteigen werden sie aber wohl sehr schnell.

Eng verbunden mit der schrittweisen Einführung sind die verschiedenen Editionen von S/4HANA für On Premise, die Managed Cloud und die Public Cloud. In der Public Cloud gehen wir davon aus, dass die Unternehmen S/4HANA für sehr fokussierte Prozesse und Geschäftsbereiche einsetzen wollen. Die Managed Cloud Edition bietet mehr Funktionalität und einen höheren Grad von privatem Umfeld, wobei SAP das System betreibt und daher für die Komplexität für den Anwender herausnimmt. Auch der On-Premise-Edition können Unternehmen das System schrittweise für einzelne Bereiche einführen, als auch diese bei SAP oder Partnern betreiben lassen.

War SAP Simple Finance nicht auch schon komplett für SAP HANA geschrieben?

Ja, dieses Produkt haben wir auch auf SAP HANA hin optimiert. Genauso wie SAP Business Suite on HANA war SAP Simple Finance ein wichtiger Lernschritt für uns. Nachdem wir die oben genannten Rahmenbedingungen hinter uns gelassen haben, entwickeln wir nun auch SAP Simple Finance weiter, beispielsweise als Public Cloud Edition.

RAM-optimierte Server für SAP HANA sind zwar schnell, aber nicht ganz billig. 2014 hatten SAP-Partner Hosting-Modelle angekündigt, bei denen sich die Kunden einen mittleren Server mieten, der bei Bedarf nach oben skaliert. Nach Abklingen der Spitzenlast würde dabei die Rechnung sinken. Was ist daraus geworden?

Bei der Hardware schreitet die Möglichkeit einer kostenoptimierten Skalierung voran. SAP hat sich daher von der Verpflichtung gelöst, dass die Server für SAP HANA als Appliance geliefert werden. Leider hält sich das aber noch im Markt als Stimmungsbild. Statt der Appliances haben wir eine Tailored Data Center Definition herausgegeben, also eine Spezifikation, wie die Hardware für SAP HANA in einem Data Center aussehen muss. Insgesamt sind die Hardware-Kosten für SAP HANA in den vergangenen Jahren erheblich zurück gegangen, und dieser Trend hält an. Das ermöglicht den Rechenzentrums-Betreibern flexible Hosting-Modelle.

Laut dem US-Analysten Vinnie Mirchandani geht vielen SAP-Anwendern die Vereinfachung noch nicht weit genug. Sie wünschen sich beispielsweise eine schnellere Implementierung, einfachere Upgrades und eine einfachere Preisliste. Was antwortet SAP darauf?

Einige Aspekte sind wir direkt angegangen, etwa die schnellere Implementierung. Bereits mit der SAP Business Suite on HANA haben wir die Implementierungszeiten deutlich verkürzt. Außerdem haben wir massiv in Content für die vorkonfigurierte Systemdefinition investiert. Anhand der sogenannten Guided Configuration lässt sich das System beim Setup konfigurieren und im laufenden Betrieb an neue Gegebenheiten anpassen. Bei den Innovationszyklen unterscheiden wir zwischen der Cloud und On-Premise-Systemen. In der Cloud kümmert sich ausschließlich der Provider um die Innovationslieferungen – hier die SAP, und diese finden einmal pro Quartal statt. Bei der On-Premise-Variante setzen wir auf Enhancement Packages. Diese wird es Stand heute einmal pro Jahr geben. Zum Pricing: im Zusammenhang mit SAP S4/HANA werden wir unsere Preislisten deutlich vereinfachen, das wird zu gegebener Zeit von den Experten kommuniziert.

Wie begründen Sie die unterschiedlichen Upgrade-Zyklen?

On-Premise-Systeme laufen häufig in Großunternehmen, und diese bevorzugen typischerweise einen jährlichen Zyklus. Wir sind dabei aber flexibel und können auf den Markt reagieren, also öfter Innovation liefern oder den Zyklus strecken. In einem Cloud Umfeld möchte der Kunde Standardisierung und legt hohen Wert auf schnelle Innovation – hier liefern wir dann auch häufiger.

Eine weitere Kritik von Vinnie Mirchandani bezieht sich auf das Cloud-Pricing. Amazon Web Services sei deutlich günstiger als die Angebote von SAP-Partnern wie HP oder IBM. Welche SAP-Systeme sind für Amazon verfügbar?

Die Datenbank SAP HANA ist auf Amazon Web Services verfügbar, SAP S/4HANA hingegen nicht. Es gibt für SAP HANA einen Markt, den Amazon Web Services bedient Typischerweise sind das kleinere Systeme.

Eignet sich Amazon Web Services auch für unternehmenskritische Systeme?

Das kann ich nicht beurteilen und möchte ich das kommentieren. Mein Bereich ist ausschließlich die technische Sicht, und mein Fokus liegt auf SAP. jf

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