ERP übernimmt in der Logistik die Schlüsselrolle

Bereits in wenigen Monaten tragen Unternehmen eine hohe Verantwortung für ihre Lieferkette. Um Transparenz zu schaffen, sollten Unternehmen schon jetzt beginnen, bestehende und neue Lieferbeziehungen in ihrer betriebswirtschaftlichen Software (ERP) zu dokumentieren.

Startschuss: 1. Januar 2023 tritt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Kraft. Zunächst müssen sich daran Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern halten, ab 2024 auch kleinere Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern. Ziel ist es, den Schutz der Menschenrechte und die Achtung der Umwelt in globalen Lieferketten zu gewährleisten sowie Rechtssicherheit für Unternehmen und Betroffene zu schaffen.

„Dieses Gesetz stellt Unternehmen vor die Herausforderung, ihre Lieferkette transparent zu machen“, erläutert Christian Biebl, Geschäftsführer des Standardsoftwerkers Planat. „Aktuell ändern sich viele Lieferketten durch Kriege, Sanktionen und andere Krisen von Grund auf. Um das Gesetz einhalten zu können, müssen Unternehmen in Sachen Planung und Dokumentation die Grundlagen schaffen.“ Besonders betreffen wird das Lieferkettengesetz Unternehmen, die Produkte aus Ländern beziehen, wo weniger strenge Standards als in der EU gelten.

Supply-Chain-Wissen digitalisieren

Vor aller Transparenz stehen mehrere Herausforderungen: Viele Lieferketten sind bislang nur wenig digitalisiert. Das Wissen um Lieferbeziehungen und Logistik liegt bei bestimmten Mitarbeitern, steht aber nicht der Allgemeinheit im Unternehmen zur Verfügung. Das gilt oft auch für die Zertifizierungen, die bei den Lieferanten eingeholt wurden. Angesichts des raschen Umbaus von Lieferketten sollten Unternehmen laut Planat in eine digitale Datenhaltung investieren, die jederzeit zur Verfügung steht.

Eine weitere Fußangel: Das neue Gesetz umfasst die komplette Lieferkette – also nicht nur den direkten Zulieferer, sondern auch indirekte Zulieferer vorher in der Kette. In der Praxis sehen sich Supply-Chain-Manager aktuell mit der Herausforderung konfrontiert, die laufende Fertigung aufrechtzuerhalten und trotzdem einen effizienten Einsatz von Mitteln zu gewährleisten. Gleichzeitig steigen derzeit die Kosten für Rohstoffe, Materialien, Vorprodukte und Transport so drastisch an, dass ganze Geschäftsmodelle auf den Prüfstand gestellt werden und die Prozesse zwingend an die neuen Gegebenheiten angepasst werden müssen.

ERP als zentrales Steuerpult

Anpassungen in der Lieferstruktur oder anderen Unternehmensbestandteilen bergen stets das Risiko, Insellösungen oder Provisorien zu schaffen. „Idealerweise arbeiten die Unternehmen hier mit ihrem ERP-System im Unternehmen und hinterlegen dort bestehende und künftige Geschäftsverbindungen und die Zertifikate der Lieferanten.“, rät Biebl. Künftig sollte eine regelmäßige Kontrolle der Zulieferer stattfinden. Bei häufigem Wechsel der zuliefernden Betriebe müsse die Abfrage der Lieferkette Teil des Workflows sein. Den Stammdaten der Betriebe komme dabei eine hohe Bedeutung zu, um den Aufwand klein zu halten.

Das Lieferkettengesetz tritt bereits in wenigen Monaten in Kraft. Unternehmen sollten laut Biebl die verbleibende Zeit nutzen, um mögliche Problemstellungen zu untersuchen und – sofern sie selbst Zulieferer sind – rechtzeitig die passenden Zertifikate besorgen. Das Gesetz enthält einen Katalog mit elf internationalen Menschenrechtsnormen, die größtenteils bereits bestehenden DIN- oder ISO-Standards entsprechen.      Jürgen Frisch

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