COVID-19 drängt die Logistik-Globalisierung zurück

Das Corona-Virus wird die Lieferantenstrukturen verändern. Eine Supply-Chain-Management-Studie von Abels & Kemmer prognostiziert einen Rückgang der Globalisierung und empfiehlt Logistikern den Blick nach Europa.

Die IT-gesteuerten Lieferketten werden kürzer: „Unsere Studie lässt eine klare Tendenz zurück nach Europa erkennen“, berichtet Dr. Götz-Andreas Kemmer. „Verstärkt wird dieser Effekt durch die zunehmende wirtschaftliche Aggression Chinas, das erratische Verhalten der amerikanischen Bundesregierung sowie den Austritt Großbritannien aus der EU, die alle mit rückläufigen Beschaffungsmengen aus Europa rechnen müssen. Rund zwei Drittel der 250 befragten deutschen Unternehmenslenker und Supply Chain Experten gehen von einer steigenden Bedeutung der europäischen und nationalen Beschaffungsmärkte aus, jeder sechste sogar von einer deutlich steigenden Beschaffung in Europa und dem jeweiligen Heimatland.“

Deutliche Veränderungen in den Beschaffungsmärkten erwartet eine Studie von Abels & Kemmer zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft für wissenschaftliche Fertigung. Zu den Verlierern gehören demnach China, Großbritannien und die USA. Europa hingegen soll deutlich zulegen.
Quelle: Abels & Kemmer, AWF

Mitte April 2020 hat die Unternehmensberatung Abels & Kemmer zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft für wissenschaftliche Fertigung AWF mehrere Online-Workshops mit Vertretern von 23 Mitgliedsunternehmen durchgeführt, um die Erwartungen zur Entwicklung von Supply Chain Managements und Operations auf dem Wege aus der Corona-Krise zu ermitteln. Befragt wurden Personen aus Produktions- und Handelsunternehmen, die in den Bereichen Produktion, Logistik, Supply Chain Management, Einkauf und Arbeitsvorbereitung tätig sind, sowie Berater, die sich mit Logistik, Supply Chain Management und Lean Management beschäftigen. Insgesamt nahmen an der Umfrage 250 Personen teil.

Die Importe aus Europa werden zunehmen

Nach Meinung der befragten Experten dürfte sich der europäische Anteil an den importierten Produkten im Summe erhöhen. Eine deutliche oder leichte Zunahme der Exporte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erwarten zwei Drittel der Befragten. Lediglich 8 Prozent gehen von einer leichten oder deutlichen Abnahme der Beschaffungsmengen aus dieser Region aus. 24 Prozent erwarten keine Veränderung oder haben sich noch Meinung gebildet.

Spiegelverkehrt zu den Erwartungen für die Lieferregion EU sind die Annahmen für den Beschaffungsmarkt Großbritannien: Knapp zwei Drittel der Experten gehen von einer deutlichen (18 Prozent) oder leichten Abnahme (47 Prozent) der Importmengen aus Großbritannien aus, 7 Prozent erwarten eine deutliche oder leichte Zunahme. Der Rest sieht keine Veränderungen. Den erwarteten Rückgang von Importen aus Großbritannien führt Kemmer nicht nur auf die Coronakrise zurück, sondern auch auf den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU.

China, die USA sowie Nordafrika erleben einen Rückgang

Für China und den Fernen Osten erwarten die Befragten Experten einen Bedeutungsverlust. 16 Prozent gehen von einem deutlichen und 50 Prozent von einem leichten Rückgang der Beschaffungsmengen aus China aus. Für den Fernen Osten erwarten 8 Prozent einen starken Rückgang und 44 Prozent eine leichte Abnahme. Lediglich 10 Prozent der Befragten prognostizieren für China eine leichte und 2 Prozent eine starke Zunahme der Beschaffungsmengen. 22 Prozent erwarten keine Veränderungen der Beschaffung aus China, und 36 Prozent gehen davon aus, dass die Beschaffungsmengen aus dem restlichen Fernen Osten gleich bleiben.

Für Nordamerika sehen 46 Prozent der Befragten keine Veränderung. 8 Prozent der Befragten gehen von einer leichte Zunahme der Importe aus den USA und Kanada aus oder haben dazu keine Meinung, während 37 Prozent eine leichte und 9 Prozent eine deutliche Abnahme der Beschaffung aus den USA und Kanada erwarten.

Auch die Türkei und Nordafrika dürften als Importmärke an Bedeutung verlieren. Bezüglich der Türkei erwarten 49 Prozent eine leichte oder starke Abnahme und lediglich 6 Prozent eine leichte oder deutliche Zunahme. 4 Prozent gehen von keiner Veränderung aus oder maßen sich keine Bewertung an. Ähnlich groß ist auch der Anteil derjenigen, die in Bezug auf Nordafrika keine Veränderung erwarten oder hierzu keine Meinung äußern können (57 Prozent). 41Prozent gehen von einer Abnahme der Beschaffungsmengen aus den Maghrebstaaten und lediglich 2 Prozent von einer leichten Zunahme aus.

First Mover haben größte Chancen in der neuen Logistik-Welt

Abels & Kemmer empfiehlt den Unternehmen Ihre Beschaffungschancen in den europäischen Märkten zu sondieren. „Wenn sich Zuliefermärkte neu austarieren haben First Mover die größten Chancen erläutert Kemmer. „Suchen Sie unter dem Gesichtspunkt der Total Supply Chain Costs nach Vorprodukten aus europäischen Beschaffungsmärkten. Sie verringern dadurch Komplexität und Risiken in Ihrer Lieferkette und erhöhen deren Transparenz.“

Die Studie über diesen und weitere Trends im Supply Chain Management steht hier kostenlos zum Download bereit.      Jürgen Frisch

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