SAP-Anwender verlangen mehr als einen stabilen ERP-Kern

Strategien der digitalen Transformation beleuchtet die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) auf ihrem Jahreskongress. Klärungsbedarf haben die Anwender laut Umfrage bei Lizenzen, Sicherheitskonzepten und der Produkttransparenz.

Zwischen den Welten lautet das Motto des DSAG- Jahreskongresses in Bremen, wo 4500 Teilnehmer das Verhältnis zwischen ERP (Enterprise Resource Planning/betriebswirtschaftliche Standardsoftware) und Digitalisierung diskutieren. Um Projekte in dieser Richtung adäquat umzusetzen, ist laut DSAG ein stabiler ERP-Kern  nötig, der die Geschäftsprozesse abbildet, sich aber schnell und einfach updaten lässt. „Da sind wir heute noch nicht“, konstatiert DSAG-Vorsitzender Marco Lenck in seiner Keynote. Zusätzlich mmüsse der Kern mit flexibel konfigurierbaren Lösungen ergänzt werden. Nur so ließen sich End-to-End-Prozesse als elementarer Bestandteil digitaler Geschäftsmodelle über Unternehmensgrenzen hinweg realisieren. „Die Lösung besteht nicht etwa in einer IT-Infrastruktur der zwei Geschwindigkeiten“, erklärt Lenck. „Wir werden vielmehr hybride Systeme einsetzen, um die digitale Transformation zu bewältigen. Hybride Szenarien wiederum erfordern umfängliche und präventive Sicherheitskonzepte. Hier muss SAP liefern.“

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SAP S/4 HANA hat für 70 Prozent der befragten DSAG-Mitglieder eine hohe bis sehr hohe Relevanz bei der Digitalisierung. 57% setzen dabei auf SAP Business Suite.

Im Vorfeld des Jahreskongresses hat DSAG die Mitglieder befragt, wie sie dieser Situation begegnen. 70 Prozent der 500 antwortenden Unternehmen messen SAP S/4HANA eine hohe bis sehr hohe Relevanz für die digitale Transformation zu. Aber auch die SAP Business Suite ist für über die Hälfte eine Perspektive für Digitalvorhaben. „Für Anwender ist es wesentlich, dass SAP hinsichtlich des Reifegrads und der Leistungsumfänge der neuen Produkte mehr Transparenz schafft und auch die Weiterentwicklung der Business Suite stärker vorantreibt“, lautet der Aufruf der DSAG.

Doppellizenzierungen sind nicht akzeptabel

Die SAP Cloud Plattform scheint für viele DSAG-Mitglieder noch eine Unbekannte zu sein. Mehr als die Hälfte billigt ihr kaum bis keine Relevanz zu, obwohl das Produkt flexible digitale Geschäftsprozesse abbilden soll. Auch die anderen Cloud-Lösungen ziehen die mehr als 3.300 DSAG-Mitglieder für die digitale Transformation kaum in Betracht. Die DSAG will kritisch hinterfragen, wie weit Plattformen wie sich Ariba, SuccessFactors und Concur in bestehende IT-Umgebungen integrieren lassen und wo deren konkreter Nutzen liegt. „Wir gehen davon aus, dass die Weiterentwicklung von Zusatzprodukten um den digitalen Kern herum vornehmlich in der Cloud erfolgt“, erläutert Andreas Oczko, DSAG-Vorstand für Operations und Support: „Die Kunden haben für ihre Geschäftprozessanwendungen allerdings bereits Lizenzen erworben. Wir setzen uns dafür ein, dass es so nicht zu Doppellizenzierungen kommt.“

SAP Leonardo kennen erst wenige Anwender

Sehr verhalten fällt das Urteil der DSAG-Mitglieder über SAP Leonardo aus. 82 Prozent messen der neuen Lösung im Bereich Internet of Things (IoT) und Künstliche Intelligenz in ihrer Digitalen Strategie wenig bis gar keine Bedeutung bei. Das kann laut DSAG an der erst kürzlich erfolgten Markteinführung liegen. „Eine Voraussetzung für den Erfolg sind Aufklärungsarbeit und verständliche Informationen seitens der SAP insbesondere, dass die Digitalisierungs-Strategie der SAP für Unternehmensentscheidungen sichtbar ist“, erläutert Lenck. SAP betrachten die Anwender als wichtigen, aber nicht als einzigen Partner bei der Digitalisierung: 79 Prozent schreiben den Walldorfern eine wichtige Rolle zu. 2016 lag dieser Wert noch bei 74 Prozent.

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SAP Leonardo kennen bislang lediglich 9 Prozent der befragten DSAG-Mitglieder.

Als wichtigsten Herausforderungen, die SAP im Bereich IoT meistern muss, betrachten DSAG-Mitglieder die Themen Sicherheit und Lizenzen sowie indirekte Nutzung. Ohne die Klärung dieser Punkte lassen sich laut DSAG Digitalisierungsvorhaben nicht adäquat umsetzen.

  • IoT-Projekte benötigen eine durchgängige Security-Architektur und entsprechende Governance-Modelle.
  • Einheitliche Standards müssen geschaffen und eingehalten werden, um heterogene Landschaften zu betreiben
  • Der Übergang von alten auf neue Verträge muss bestehende Ansprüche bewahren und durch ein einheitliches Preis- und Lizenzmodell unterstützt werden.
  • Benötigt wird ein nachhaltiges und klares Pricing-Model, das sich am Geschäft orientiert und die Risiken überschaubar hält, auch in einer IoT-Umgebung. 

Die Digitalisierung krempelt IT-Landschaften um

Klare Vorstellungen haben DSAG-Mitglieder über die nähere Zukunft: 86 Prozent erwarten bedingt durch die digitale Transformation fundamentale Auswirkungen auf Unternehmen. Auf IT-Abteilungen kommen nach Meinung von 91 Prozent der Befragten die gewichtigsten Veränderungsprozesse zu. Der IT wird damit im Rahmen der Digitalisierung eine Vorreiterrolle attestiert.

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69 Prozent der befragten DSAG-Mitglieder stehen bei der Digitalisierung ganz am Anfang.

Laut Selbsteinschätzung stehen Unternehmen noch immer am Anfang der digitalen Transformation. Lenck leitet für SAP daraus folgenden Auftrag ab: „Wir brauchen verlässliche Informationen, damit Unternehmen ihre Digitalisierungsstrategie definieren können. Und außerdem atmende Lizenzmodellen, die nachhaltige Business Cases ermöglichen“. An diesen Themen wollen SAP und die DSAG in den nächsten Monaten gemeinsam arbeiten. Jürgen Frisch

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