Die beste Automatisierung ersetzt keine Fachkräfte

Künstliche Intelligenz ändert das Rechnungswesen. Abseits von Routinetätigkeiten werden Controller Partner des Managements. Das zeigt eine Studie von Diamant Software und der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe.

Automatisierung und künstliche Intelligenz revolutionieren den kaufmännischen Bereich. Prozesse, Aufgaben und Rollenbilder – alles ist im Wandel. Gemeinsam mit Prof. Dr. Faupel von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe hat Diamant Software mittelständische Führungskräfte und Mitarbeiter aus allen Branchen dazu befragt, welche Auswirkungen künstliche Intelligenz für den Mittelstand und für Organisationen hat. Antworten auf diese Frage liefert die Studie ,,Wer wollen wir sein – der kaufmännische Bereich erfindet sich neu“.

„Befreit von manuellen Tätigkeiten können die Mitarbeiter des Rechnungswesens künftig als Daten-Ingenieure an Datenqualität, Reporting-Lösungen und intelligenten Analysen arbeiten“, berichtet Prof. Dr. Christian Faupel, Fachgebiet Controlling und Kostenmanagement an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. „Controller arbeiten künftig proaktiv an unternehmerischen Herausforderungen mit.“ Quelle: Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe

Die Studie setzt die im Jahr 2017 von Diamant Software durchgeführte Untersuchung ,,Digitalisierung und Automatisierung in Rechnungswesen und Controlling“ fort. Die Datenerhebung erfolgte anhand einer Onlinebefragung. Insgesamt umfasst die Erhebung 185 Teilnehmer, davon rund 70 % Führungskräfte und 90 % Personen, die im kaufmännischen Bereich beschäftigt sind.

Ein Ergebnis: Trotz aller Automatisierung und künstlichen Intelligenz wird es auch künftig auf die Mitarbeiter ankommen. Bisherige Rollenbilder werden allerdings überdacht.  ,Künstliche Intelligenz ist der Kernbaustein für eine ganz neue Art des Rechnungswesens und Controllings“, berichtet Studienleiter und Chief AI Officer Martin Rückert von Diamant Software.“ Statt wiederkehrender Routinen würden vermehrt Datenanalyse, Prozesssteuerung und -optimierung auf der Agenda stehen. „Die Mitarbeiter liefern so einen wertvollen Beitrag zur Unternehmenssteuerung.“

„Künstliche Intelligenz ist der Kernbaustein für eine ganz neue Art des Rechnungswesens und Controllings“, erläutert Martin Rückert, Chief AI Officer bei Diamant Software. Quelle: Diamant Software

Auch Studienpartner Prof. Dr. Christian Faupel, Fachgebiet Controlling und Kostenmanagement, an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe bestätigt: „Aller Automatisierung und Künstlicher Intelligenz zum Trotz wird es auch künftig ohne den Menschen nicht gehen. Allerdings werden sich die Rollenprofile im kaufmännischen Bereich ändern.“ Zu klären ist dabei, welche Aufgaben Buchhalter wahrnehmen, wenn Transaktionen und Abrechnungen zu Selbstläufern werden, und was Controller tun, wenn Berichte von selbst entstehen.

Künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch

Künstliche Intelligenz eröffnet Möglichkeiten, die weit über aktuell verfügbare Funktionen hinausreichen. Die selbstlernenden Algorithmen erledigen aufwändige Prozesse, die bisher Menschen bearbeitet haben. Sie sagen beispielsweise das Ausfallrisiko von Zahlungen mit hoher Präzision voraus und geben konkrete Handlungsempfehlungen.

Produktivitätsbooster: Mehr als 60 Prozent der Befragten sehen den größten Nutzen Künstliche Intelligenz darin, Mitarbeiter produktiver zu machen. Qualitative Benefits wie bessere Ergebnisse (17 Prozent), eine unterstützte Entscheidungsfindung (10 Prozent) und personalisierte Daten (8 Prozent) stehen dagegen bislang nur für wenige Entscheider im Fokus. Quelle: Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe

Hoch sind die Erwartungen im Mittelstand: Mehr als 60 Prozent der Befragten sehen den größten Nutzen künstlicher Intelligenz darin, Mitarbeiter im Rechnungswesen produktiver zu machen. Dahinter steht die berechtigte Erwartung, dass die Technologie künftig viele Routinetätigkeiten übernimmt. Die ersten Anwendungsfälle im kaufmännischen Bereich werden bereits in den nächsten zwei Jahren erwartet. Mit 4,75 von 10 Punkten schätzen die Teilnehmer ihr Wissen über künstliche Intelligenz bislang als relativ gering ein.

„Künstliche Intelligenz wird akzeptiert, wenn sie Mehrwerte bringt“, bilanziert Experte Rückert. Die klassische Buchhaltung werde durch intelligente Technologie stark vereinfacht. Qualitative Benefits wie bessere Ergebnisse (17 Prozent), eine unterstützte Entscheidungsfindung (10 Prozent) und personalisierte Daten (8 Prozent) stehen laut Studie allerdings bislang nur für wenige Entscheider im Fokus.

Automatisierungsbedarf steigt

Der Bedarf an automatisierten Prozessen erreicht im kaufmännischen Bereich gerade einen neuen Höchstwert: 72 Prozent der Befragten erachten die Automatisierung als „wichtig“, 20 Prozent sogar als „sehr wichtig“. Noch 2017 lag dieser Wert bei lediglich 10 Prozent.

Trotzdem werden aktuell noch 53 Prozent aller Eingangsrechnungen manuell geprüft. Auch bei anderen Tätigkeiten, die durch Software unterstützt werden könnten, besteht noch Luft nach oben: So greifen rund 66 Prozent der Controller für die Aufbereitung oder Verdichtung ihrer Berichte nach wie vor auf Microsoft Excel zurück.

Der kaufmännische Bereich steigert seine strategische Bedeutung für die Unternehmenssteuerung. Die größten Vorteile eröffnet die Digitalisierung in puncto Analysefunktionen (71 Prozent), um Entscheidungen zur Unternehmenssteuerung besser vorbereiten und unterstützen zu können. Ähnlich viele Befragte (68 Prozent) erwarten eine steigende Bedeutung von Rechnungswesen und Controlling für die Unternehmenssteuerung. Quelle: Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe

Vernetzung als Treiber der Digitalisierung

Generell streben die Unternehmen eine stärkere Systemintegration an: Laut Studie geht der Trend ganz deutlich in Richtung integrierte IT-Landschaft. Rund die Hälfte aller Befragten möchte Rechnungswesen und Controlling in Zukunft stärker mit weiteren Systemen vernetzen, sodass Informationen bruchlos von einem System ins andere laufen. „So lassen sich unternehmensweite Prozesse gestalten und Daten für ganzheitliche, zielführende Analysen nutzen“, erklärt Rückert. „In vielen Fällen wird eine konsequente und erfolgreiche digitale Transformation möglich.“

Die große Mehrzahl der Unternehmen (69 Prozent) ist davon überzeugt, dass die digitale Wende mit der aktuellen Software nicht zu schaffen ist und es neue Lösungen braucht, um die kaufmännischen Prozesse zukunftsfähig zu gestalten. Über eine darauf bezogene Digitalstrategie verfügen immerhin bereits vier von fünf Unternehmen (83 Prozent).

Vom Datenverwalter zum Management-Partner

Durch den digitalen Wandel werden sich die Aufgaben im Rechnungswesen und Controlling nachhaltig verändern. Darüber sind sich fast alle Befragten einig. Lediglich 2,7 Prozent rechnen damit, dass alles beim Alten bleibt. Die größten Vorteile eröffnet die Digitalisierung bei Analysen (71 Prozent), um Entscheidungen zur Unternehmenssteuerung besser vorbereiten und unterstützen zu können. Ähnlich viele Befragte (68 Prozent) erwarten eine steigende Bedeutung von Rechnungswesen und Controlling für die Unternehmenssteuerung.

Das führt auch dazu, dass bisherige Rollenmodelle überdacht werden: Das Rechnungswesen lässt die Buchhaltung hinter sich und wird zum Management-Informationssystem, das klare Zahlen und Fakten liefert. „Befreit von manuellen Tätigkeiten wie etwa dem Sammeln von Rohdaten können die Mitarbeiter des Rechnungswesens künftig als ,,Daten-Ingenieure“ an Datenqualität, Reporting-Lösungen und intelligenten Analysen arbeiten“, erklärt Prof. Dr. Christian Faupel. „Controlling und Rechnungswesen sind weniger Datensammler, sondern können Aufgaben im Rahmen der Business-Partner-Rolle wahrnehmen, wie beispielsweise proaktiv an unternehmerischen Herausforderungen mitzuarbeiten.“

Die komplette Studie kann bei Diamant Software angefordert werden unter: www.diamant-software.de/studie-ki/.       Jürgen Frisch

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