Migrationsdiskussion zu SAP S/4HANA hält an

Lediglich in den besonders von der Corona-Krise betroffenen Branchen stocken laut ISG die SAP-Projekte. Wegen der Verfügbarkeit der Cloud-Lösungen für S/4HANA prüfen derzeit viele Unternehmen dieses Betriebsmodell.

Die Umstellung auf die In-Memory-Datenbank SAP HANA betrifft nicht nur einzelne Anwendungen eines Unternehmens, sondern die gesamte Systemlandschaft. Entsprechend hoch ist die Unsicherheit hinsichtlich der am besten passenden Migrationsstrategie. Dies meldet der ISG Provider Lens SAP HANA & Leonardo Ecosystem Partners Report Germany 2020 der Information Services Group (ISG). ISG ist ein global aktives IT-Marktforschungs- und Beratungsunternehmen. Der Studie zufolge liebäugeln mehr und mehr Unternehmen mit dem Betrieb von SAP S/4HANA in der Cloud.

Public Cloud gewinnt als Betriebsform an Bedeutung

„Die großen Public Cloud-Anbieter stellen inzwischen Infrastrukturlösungen für SAP HANA bereit, und das führt dazu, dass viele Unternehmen die Option eines cloudbasierten Betriebsmodells prüfen“, sagt Heiko Henkes, Director & Principal Analyst bei ISG. „Auch SAP selbst forciert diesen Trend durch das klare Bekenntnis zu einer Cloud first-Strategie sowie entsprechende eigene Angebote wie zum Beispiel die HANA Enterprise Cloud.“

Unternehmen, die ihre IT-Systemlandschaft bereits weitgehend konsolidiert haben, könnten laut ISG die SAP HANA-Migration in bestimmten Fällen mit einem Umzug in die Cloud kombinieren. Für Unternehmen mit einer fragmentierten Systemlandschaft hingegen sei ein solcher Schritt nicht empfehlenswert. „Für sehr heterogen Systemumgebungen passt eher eine schrittweise Migration. Sonst sind die hausinterne IT-Abteilung und die SAP-Dienstleister schnell überfordert“, erläutert Henkes.

Greenfield wird zur beliebten Migrationsstrategie

Bereits durchgeführte Transformationsprojekte folgen laut ISG-Studie häufig eher einem Ansatz der Neuimplementierung (Greenfield), anstatt die Systemumstellung über ein komplexes Upgrade zu vollziehen. Insbesondere im Mittelstand, wo es häufig noch keine umfassenden SAP-basierten Systemlandschaften gibt, sei dieser Ansatz naheliegend. Aber auch bei Unternehmen mit einer bereits komplexen Vielfalt an SAP-Produkten, sei das Greenfield-Vorgehen häufig zu beobachten. Wegen der hohe Innovationsgeschwindigkeit der SAP bei ihren Produkten, müssen SAP-Dienstleister laut ISG das Nachjustieren bestehender Roadmaps als Daueraufgabe für die nächsten Jahre betrachten.

Die COVID-19-Pandemie habe die aktuellen SAP HANA-Projekte und ihre Zeitpläne bislang nicht entscheidend beeinflusst. Sie liefen derzeit unter erschwerten Rahmenbedingungen weiter, wobei die Arbeiten nun zumeist aus dem Homeoffice erfolgten. Dies gelte ebenso für die laufenden Services, bei denen der Onsite-Anteil ohnehin tendenziell niedrig sei. Die langfristigen Auswirkungen von COVID-19 auf künftige Projekte und damit auf die Auftragslage der Provider hingegen lässt sich ISG zufolge noch nicht abschließend abschätzen. Fest steht allerdings laut ISG, dass sich wegen COVID-19 der Public Cloud-Markt beschleunigt.

In Krisenbranchen stocken die SAP-Projekte

In Unternehmen aus den von der Corona-Krise stärksten betroffenen Branchen wie der Reiseindustrie geraten laut ISG viele IT-Projekte finanziell unter Druck und werden verschoben oder abgebrochen. Diesen Unternehmen helfe die verlängerte Wartungsfrist für SAP ECC 6.0. Allerdings blieben dadurch die Möglichkeiten der neuen SAP-Plattform mit Blick auf Prozessverbesserungen und neue Geschäftsmodelle ungenutzt. Als Folge davon sinke die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen.

„Mit der Verlängerung der Wartung haben Anwender erst einmal mehr Zeit sowie auch Unterstützung gewonnen“, berichtet Henkes. Die Standardwartung der vorherigen Version SAP Business Suite ECC 6.0 läuft nunmehr erst 2027 aus, statt wie ursprünglich geplant schon 2025. Zudem steht unter dem Namen MOVE ein SAP-internes Programm zur Verfügung, das Unternehmen bei der Migration auf S/4HANA zusätzlich unterstützt.

Die Unsicherheit über die richtige Strategie bei der Umstellung halte aber an. Für die in diesem Bereich tätigen Serviceanbieter ist es laut Henkes daher wichtig, dass sie nicht nur bei den technischen Fragestellungen unterstützen können. „Unternehmen erwarten von ihren SAP-Dienstleistern vor allem, dass sie auch eine passende Strategie und Roadmap für die Umstellung erarbeiten,“      Jürgen Frisch

 

Kommentare sind deaktiviert