Handwerker digitalisieren über den Steuerberater

Handwerker setzen bei der Digitalisierung gerne auf ihre Steuerberater. Das zeigt eine gemeinsame Studie der DATEV und des Handwerk Magazins. Dennoch ist bei der kaufmännischen Effizienz noch Luft nach oben.

Handwerksbetriebe, die bei der Finanzbuchführung oder Lohnabrechnung mit einer Kanzlei zusammenarbeiten, nutzen laut der DATEV-Studie öfter häufiger digitale Lösungen für ihre internen kaufmännischen Prozesse als Betriebe ohne Steuerberater. Zudem sind sie auch investitionsfreudiger. „Steuerberater treiben offensichtlich die Digitalisierung in Handwerksunternehmen mit voran und sind für die Verantwortlichen eine Art Coach, wenn es darum geht, die kaufmännischen Prozesse effizienter zu gestalten“, erläutert Stefan Wunram, Leitender Berater Trends & Strategien der DATEV.

Die gemeinsame Studie der DATEV und des Handwerk Magazins basiert auf einer Online-Umfrage, die im Dezember 2018 und Januar 2019 durchgeführt wurde. Mit 509 Teilnehmern, die alle Fragen beantwortet haben, ist die zum zweiten Mal durchgeführte Studie repräsentativ.

Wer den Begriff Plattformökonomie kennt, hält diese für relevant

„Immerhin rund 18 Prozent der befragten Betriebe kennen den Begriff ‚Plattformökonomie‘ oder haben ihn schon einmal gehört“, berichtet Olaf Deininger, Chefredakteur vom Handwerk Magazin. Demnach gehen viele Handwerker souverän auch mit vergleichsweise neuen Entwicklungen wie der Plattformökonomie um. Bei den Handwerksunternehmern, die mit einem Steuerberater zusammenarbeiten, ist dieser Anteil mit 21 Prozent sogar noch höher. „Die Mehrheit der Handwerksunternehmer, die schon einmal von der Plattformökonomie gehört haben, schätzen ihre Relevanz als sehr hoch ein“, erläutert Deininger. „Über die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass das keine Modeerscheinung ist, sondern die Geschäftsmodelle grundlegend verändern wird.“ Die Umfrage zeige zudem, dass eine Entwicklung, die Konsumenten über Amazon und Co. schon länger bekannt ist, nun auch im Bereich Business-to-Business Fuß fasst: 31 Prozent der befragten Handwerker geben ihren Kunden die Möglichkeit, Rechnungen über PayPal zu begleichen.

Fast 40 Prozent der Betriebe aus dem Lebensmittelhandwerk planen laut der Umfrage „sicher“ mit Investitionen in effizientere kaufmännische Prozesse in den kommenden zwölf Monaten. Im Bauhauptgewerbe wollen 34 Prozent sicher investieren. Schlusslicht ist mit 17 Prozent das Gesundheitsgewerbe.

Deutlich weiter vorangeschritten ist in den Handwerksbetrieben die Digitalisierung der kaufmännischen Prozesse. Laut der Befragung setzen bereits rund 70 Prozent der Unternehmen, die mit Steuerberatern zusammenarbeiten, in der externen Kommunikation mit Kunden, Lieferanten und der Kanzlei digitale Lösungen ein. Bei der Rechnungserstellung, Lohnabrechnung und Finanzbuchführung sind es zwischen 50 und 60 Prozent. Bei Betrieben ohne Steuerberater liegen die Werte bei diesen internen Prozessen zwischen 32 und 44 Prozent und damit deutlich niedriger.

Bei der Effizienz kaufmännischer Prozesse ist Luft nach oben

„Bei der effizienten Gestaltung der kaufmännischen Prozesse ist noch Luft nach oben, beispielsweise bei der automatischen Weiterverarbeitung von kaufmännischen Belegen über digitale Schnittstellen“, erläutert DATEV-Manager Wunram. Schließlich erreichen über 80 Prozent der kaufmännischen Belege, wie etwa Rechnungen, Lieferscheine und Angebote, die Betriebe per E-Mail – zusätzlich zu Brief und Fax, die ebenfalls noch häufig parallel genutzt werden. So lassen sich teure Medienbrüche kaum vermeiden. Lediglich in 15 Prozent der Unternehmen kommen digitale Schnittstellen zur automatischen Verarbeitung von Belegen zum Einsatz.

Die Vielfalt der Eingangskanäle spiegelt sich auch bei der Archivierung der Belege wider. Knapp 90 Prozent der Betriebe betreiben eine doppelte Archivierung, also sowohl digital als auch auf Papier. Viele Handwerksbetriebe haben allerdings erkannt, dass dies einem vermeidbaren Aufwand nach sich zieht. Laut der Befragung wollen 37 Prozent in den kommenden zwölf Monaten in effizientere digitale Lösungen für ihre kaufmännische Administration investieren. Bei den Betrieben ohne Steuerberater planen das lediglich 16 Prozent. Besonders investitionsfreudig ist das Lebensmittelhandwerk gefolgt vom Bauhauptgewerbe. Hier wollen durchschnittlich 39 Prozent beziehungsweise 34 Prozent zeitnah dafür Kapital aufwenden.

Der Steuerberater wird zum Digital-Coach der Handwerker

Ganz vorne auf der Agenda stehen hier bei rund der Hälfte der Betriebe Prozessverbesserungen bei der Rechnungserstellung sowie der Belegarchivierung und -verwaltung. Hier lassen sich in Zusammenarbeit mit dem Steuerberater schnell Effizienzvorteile generieren. Betriebe ohne Steuerberater sehen dieses Potenzial offensichtlich deutlich seltener. Hier planen nur 38 respektive 39 Prozent entsprechende Vorhaben.

„Knapp 60 Prozent der Handwerksbetriebe mit Steuerberater lassen sich bei der Verbesserung ihrer kaufmännischen Prozesse eben von diesem beraten“, erläutert Wunram. Die Verantwortlichen in den Handwerksbetrieben wüssten, dass sie sich um das Thema Digitalisierung kümmern müssen. Da sie aber meist weder Zeit noch Mitarbeiter dafür hätten, biete es sich an, mit der Digitalisierung der kaufmännischen Abläufe diese gleich komplett oder in Teilbereichen an die Steuerberatungskanzlei auszulagern. Neben der Finanzbuchführung und Lohnabrechnung beispielsweise auch das Mahnwesen, die Abwicklung von Ein- und Ausgangsrechnungen sowie die Beleg- und Kassenarchivierung.

Die steigenden Anwenderzahlen bei Lösungen wie dem digitalen Belegwesen von DATEV zeigten laut Wunram, dass viele Betriebe sich die Vorteile der Digitalisierung bereits zu Nutze gemacht haben. Anfang März hatte die Anzahl der im DATEV-Rechenzentrum gespeicherten Buchführungsbelege von Unternehmen die Marke von einer Milliarde überschritten. Jürgen Frisch

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