Cloud Computing steigt in Deutschland auf

Die Nachfrage nach Cloud-Services dürfte hierzulande in diesem Jahr steigen, argumentiert Crisp Research. Die Anwender interessieren sich für diese Services, weil die Provider mit passgenauen Angeboten aufwarten.

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René Büst ist Senior Analyst und Cloud Practice Lead der Crisp Research AG mit dem Fokus auf Cloud Computing, IT-Infrastrukturen, Open Source und Internet of Things. Er ist Mitglied des weltweiten Gigaom Research Analyst Network und Cloud Computing Blogger. Quelle: Crisp Research AG

Im vergangenen Jahr hat uns der Cloud Markt spannende Neuigkeiten bereitet. Jede Menge neue Rechenzentren und innovative Services zeigen, dass dieses Thema nun auch hierzulande fest gesetzt ist. Die Zeiten der Hungerspiele sind endgültig vorüber. Im internationalen Vergleich hat sich der deutsche Cloud Markt in der Vergangenheit langsam entwickelt. Inzwischen liegt die Adoptionsrate bei fast 75 Prozent. Immer mehr Anwender springen auf den Cloud-Zug auf, weil die Anbieter ihre Bedürfnisse und Anforderungen inzwischen zielgenau adressieren.

2015 werden sich die Cloud-Anbieter wohl über regen Zulauf von deutschen Kunden freuen. Laut der Crisp Research Studie OpenStack im Unternehmenseinsatz befinden sich derzeit in Deutschland mehr als 74 Prozent der Unternehmen in der Phase der aktiven Planung und Implementierung oder setzen Cloud-Services und –Technologien bereits produktiv ein. Cloud Computing ist demnach in Deutschland endgültig angekommen. Für 19 Prozent der deutschen IT-Entscheider ist Cloud Computing ein fester Bestandteil auf der Agenda und im Betrieb. 56 Prozent der Unternehmen befinden sich in der Planungs- oder Implementierungsphase und setzen Cloud im Rahmen erster Projekte ein. Dabei spielen Hybrid- und Multi-Cloud-Infrastrukturen eine zentrale Rolle, um die Integration auf Daten-, Anwendungs- und Prozessebene sicherzustellen.

Provider bieten nun passgenaue Services

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Fast drei Viertel der von Crisp Research im vergangenen Jahr befragten deutschen Anwender haben Cloud-Produkte im produktiven Einsatz, implementieren gerade ein System oder planen ein derartiges Szenario. Quelle: Crisp Research AG

Die großen Cloud-Anbieter haben sich auf die Anforderungen der Anwender eingestellt. Viele haben sich strategisch mit Rechenzentren in Deutschland positioniert, um Kunden die hiesige Speicherung ihrer Daten zu ermöglichen und die Anforderungen des Bundesdeutschen Datenschutzgesetzes zu erfüllen.

Den größten Schritt eines US-amerikanischen Anbieters hat Amazon getan, der speziell für den deutschen Markt eine Region mit mehreren  Rechenzentren aufgebaut hat. Der Markführer für Infrastructure as a Service (IaaS) positioniert sich damit strategisch zentral in Europa und erhöht gleichzeitig die Attraktivität für Kunden aus angrenzenden Ländern. Speziell an Unternehmen gerichtete Dienste wie AWS Directory Service, AWS CloudTrail, AWS Config, AWS Key Management Service oder AWS CloudHSM zeigen, dass Amazon Web Services sich vom Startup-Enabler hin zu einer echten Alternative für Unternehmen entwickelt haben. Das unterstreichen deutsche Referenzkunden wie Talanx, Kärcher und Software AG. Nachbesserungen sind allerdings für die Hybrid Cloud Funktionen zu erwarten. Von einem Pure Public Cloud Ansatz dürften nämlich auch in Zukunft eher wenige deutsche Unternehmen Gebrauch machen.

Die Cloud-First-Strategie von Microsoft nimmt Fahrt auf. Vor allem die Einführung von IaaS-Ressourcen in Microsoft Azure trägt Früchte. Bei einer breiten Kundenbasis in Deutschland kann Microsoft sämtliche Betriebsmodelle unterstützen. Neben der Microsoft Azure Pulic Cloud stehen sowohl Hosted-Modelle wie das Cloud OS Partner Network, Microsoft Azure Pack als auch Private Cloud Lösungen wie Windows Server, System Center, Microsoft Azure Pack bereit, die Unternehmen für hybride Szenarien nutzen können. Weiterhin verdichten sich die Gerüchte, dass Microsoft noch in diesem Jahr mit einem Rechenzentrum nach Deutschland kommt, um Cloud-Services nach deutschem Recht anzubieten.

Der deutsche Public Cloud-Anbieter ProfitBricks wächst und gedeiht. Neben einem weiteren Rechenzentrum in Frankfurt zeigten 2014 zahlreiche neue Mitarbeiter, dass sich das Startup gut entwickelt. Im Vergleich zu anderen IaaS-Anbietern wie Amazon oder Microsoft fehlt ProfitBricks jedoch weiterhin ein Portfolio von Value-Added Services. Das muss der Anbieter mit einem potenten Partnernetzwerk ausgleichen.

Der Cloud-AnbieterRackspace hat im vergangenen Jahr den Fokus von Public IaaS hin zu Managed Cloud Services verändert und sich auf den Support als seine Stärke besonnen. IBM hat im Dezember 2014 ein Softlayer-Rechenzentrum in Frankfurt angekündigt. Die Kooperation mit dem Rechenzentrumsbetreiber Equinix zeigt, dass auch Big Blue die Bedeutung einer lokalen Präsenz erkannt hat. Die Softlayer-Cloud bietet den Vorteil, dass sich damit physikalische Server auf dieselbe Art und Weise bereitstellen lassen wie virtuelle Maschinen.

Hybrid-Funktionen und Schnittstellen bleiben als Herausforderungen

Auch wenn sich der Markt und die Anbieter im vergangenen Jahr positiv entwickelt haben, sieht Crisp Research für 2015 einige Herausforderungen. So steigt beispielsweise die Bedeutung von Hybrid-Funktionen und Schnittstellen für Multi-Cloud-Ansätze. Die Anbieter müssen Standards wie OpenStack oder OpenDaylight unterstützen. Anwender benötigen mehr erweiterte Funktionen für die Unternehmens-IT wie beispielsweise Ende-zu-Ende Sicherheit, Governance, und Compliance. Colocation-Rechenzentren brauchen mehr Cloud-Connectivity anhand von Cloud-Hubs. Insgesamt muss sich die Preis-Transparenz deutlich verbessern und die Einfachheit der Nutzung sollte im Vordergrund stehen.

Je nach Anbieter-Portfolio werden diese Anforderungen bereits teilweise oder mehrheitlich erfüllt. Nur wer entsprechende Services im Angebot hat, wird langfristig vorne mit dabei sein. Die Ansprache ihrer Zielgruppen müssen alle Anbieter überdenken. Da Direktgeschäfte in der IT in Deutschland historisch bedingt schwierig sind, muss der Zugriff auf potentielle Neukunden größtenteils über Partner und Distributoren erfolgen.

Bisher traf ein schwaches Angebot auf vorsichtige Anwender

Bei allen positiven Zahlen stellt sich die Frage, warum dieser Aufschwung erst jetzt stattfindet. Amazon Web Services wurden 2006 gestartet und Salesforce sogar bereits 1999. Ein Grund für die langsame Akzeptanz liegt in der deutschen Vorsicht und Gründlichkeit, welche die Adaption neuer Technologien generell verlangsamt. Das Gros der deutschen Unternehmen wartet ab, bis Technologien andernorts ihren erfolgreichen Einsatz bewiesen haben. Early Adopter finden sich hierzulande kaum.

Außerdem musste sich der Cloud-Markt erst entwickeln. Als Salesforce und später Amazon Web Services in den Markt eintraten, existierten noch nicht viele Services, die sämtliche Anforderungen der Anwender erfüllten und als gleichwertiger Ersatz für On-Premise Lösungen galten. IT-Entscheider kauften altbewährte Lösungen ein, weil die Vorteile der Cloud nicht klar waren, beziehungsweise von den Anbietern nicht deutlich genug formuliert wurden. Nun laufen die Abschreibungszeiträume und IT-Lebenszyklen bei denjenigen Entscheidern aus, die bislang auf klassische IT-Lösungen gesetzt haben. Wo jetzt Hard- und Software-Lösungen ersetzt werden, rücken Cloud-Services in den Fokus.

Deutsche Anwenderunternehmen befinden sich mitten in der Cloud-Transformation. Sie setzen diesen Prozess Schritt für Schritt um und erstellen Multi-Cloud-Umgebungen bestehend aus Infrastrukturen, Plattformen und Services von verschiedenen Anbietern. Mit diesem Teil der Digital Infrastructure Fabric (DIF) schaffen sie die Grundlage für eine individuelle digitale Strategie, auf der sich neue Geschäftsmodelle und digitale Produkte, beispielsweise für das Internet der Dinge betreiben lassen. René Büst/JF

Acht Gründe für die bisher langsame Akzeptanz der Cloud

In Deutschland hat es im internationalen Vergleich lange gedauert, bis die Anwender Cloud-Angebote akzeptiert haben. Crisp Research sieht die wesentlichen Gründe dafür in acht Faktoren.

  • Die Anwender waren verunsichert durch Fehlinformationen vieler Anbieter, die Virtualisierung als Cloud verkauft haben.
  • Rechtliche Themen mussten geklärt werden.
  • Vertrauen zu den Anbietern musste aufgebaut werden.
  • Die Anwender mussten Cloud-Wissen aufbauen. Fehlendes Wissen, Komplexität und Probleme bei der Integration zählen weiterhin zu den Kernthemen.
  • Applikationen und Systeme müssen von Grund auf für die Cloud entwickelt werden.
  • Deutsche Anbieter hatten keine konkurrenzfähigen Cloud-Services.
  • Weil es in Deutschland kaum Cloud-Rechenzentren gab, ließen sich das Bundesdeutsche Datenschutzgesetz und andere Rechtsregularien nur schwer erfüllen.
  • Aufgrund der guten konjunkturellen Lage der vergangenen Jahre lastete nur ein geringer Kostendruck auf den IT-Budgets.

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