Archivierung reicht nicht beim E-Mail-Management

Archivierung löst vor allem technische Probleme der E-Mail. Ein übergreifendes Informationsmanagement erfordert Systeme, die E-Mails und Social Media Content klassifizieren und automatisiert bearbeiten. (Ausgabe 6+7/2013)

Das  Thema E-Mail-Management wird in Unternehmen kontrovers diskutiert. Es gibt deutlich unterschiedliche Sichtweisen dieses Begriffs, die von der reinen E-Mail-Archivierung bis hin zur größtmöglichen, automatisierten Einbindung von E-Mails in die Geschäftsprozesse reichen. Neue Varianten wie die rechtsverbindliche Kommunikation über De-Mail kommen hinzu, parallel dazu verändern Soziale Netzwerke die zwischenmenschliche Kommunikation. Der Einfluss auf das betriebliche Umfeld nimmt kontinuierlich zu. Dieses Spannungsfeld birgt verschiedene Herausforderungen, die im folgenden Beitrag aufgegriffen werden.

Sowohl Volumen als auch Tempo der Kommunikation nehmen zu

E-Mail ist für Unternehmen immer noch das Kommunikationsmedium Nummer eins. Dies gilt sowohl für die interne als auch für die externe Kommunikation mit Kunden und Geschäftspartnern. Die E-Mail hat sich zu einem Werkzeug für Aufgabenmanagement am Arbeitsplatz entwickelt. Allerdings führt sie zu einem spürbaren Informationsüberschuss bei den Mitarbeitern. Dieser manifestiert sich in der Menge eingehender E-Mails auf den E-Mail-Servern sowie in der Überlastung der für die Bearbeitung von E-Mails verantwortlichen Sachbearbeiter.
Dauernde Erreichbarkeit und zu viele unnötige Informationen lähmen oftmals den Informationsfluss in den Prozessen. Überquellende elektronische Posteingangskörbe und damit einhergehende Überforderung verzögern Genehmigungen und Entscheidungen, weil die einzelne E-Mail in der Menge kaum mehr sichtbar ist. E-Mails werden versehentlich gelöscht.
Beim Blick auf die E-Mail aus der Perspektive der Anwender treten Themen wie Informationsflut und Überlastung durch das hohe E-Mail-Aufkommen nach vorn. Hinzu kommt oftmals die eigentlich nicht vorgesehene Nutzung der E-Mail-Systeme als individuelle Dokumentablage. Aus Sicht der IT sind diese Themen insofern kritisch, als E-Mail-Systeme immer größere Datenmengen verarbeiten und dabei den Betrieb, Datensicherheit inklusive Backups sowie eine hohe Performance gewährleisten müssen. Auch die Größe der einzelnen Mailboxen und deren Offline-Verfügbarkeit bei mobilen Nutzern stellen die Administratoren vor schwierige Herausforderungen.
Organisatorisch betrachtet bringt die E-Mail einige Probleme mit sich. Die wohl wichtigsten sind die verteilte Information in den einzelnen Mailboxen und mangelnde Transparenz sowie das Fehlen von entscheidungsrelevanten Informationen. Dennoch ist die E-Mail so flexibel und einfach nutzbar, dass sich Anwender zumindest heute ein Geschäftsleben ohne sie in den seltensten Fällen vorstellen können. Intelligente Lösungen, die Informationen im richtigen Kontext zur Verfügung stellen, sind daher für Unternehmen ein Muss.

Archivierung alleine löst nur einen Teil der Probleme

Die Archivierung von E-Mails ist für Unternehmen Pflicht. Neben den rechtlichen Vorschriften sprechen für eine lückenlose E-Mail-Archivierung auch unternehmensinterne Richtlinien sowie technische Aspekte. Darunter fallen beispielsweise die Entlastung von E-Mail-Servern, die Steigerung der Performance sowie schnellere Wiederherstellungszeiten. Wie und in welcher Form die E-Mail-Archivierung am besten implementiert wird, müssen Unternehmen individuell entsprechend der Rahmenbedingungen entscheiden.
Grundsätzlich zu unterscheiden sind hier die clientseitige und die serverseitige Archivierung. Bei der clientseitigen Archivierung entscheidet der Anwender, welche E-Mails ins Archivsystem übertragen werden und welche nicht. Die serverseitige Archivierung läuft direkt auf dem E-Mail-Server ab. Hier kommen verschiedene Routinen beziehungsweise Regeln zum Einsatz, die sämtliche ein- und ausgehende E-Mails archivieren. Die E-Mails werden somit vor der eigentlichen Zustellung an den Anwender bereits im Archiv abgelegt. Wesentlicher Vorteil dabei ist, dass alle Nachrichten lückenlos erfasst werden.
Die reine E-Mail-Archivierung löst nur einen kleinen Teil der Probleme. Technische – und bei richtiger Implementierung auch rechtliche – Anforderungen lassen sich durch die E-Mail-Archivierung erfüllen. Der Anwender hat dadurch jedoch keinen spürbaren Vorteil. E-Mail-Archive entwickeln sich schnell zu neuen Datensilos, in denen Informationen isoliert aufbewahrt werden und keinen Mehrwert für ein Unternehmen darstellen. Ein schneller Zugriff sowie die Verfügbarkeit der Information lassen sich damit nicht erreichen.

Informationsmanagement braucht eine Gesamtstrategie

Betrachtet man E-Mails unter dem Aspekt eines unternehmensweites Informationsmanagements, so sollte das E-Mail-Management mit dem unternehmensweiten Informationsmanagement abgestimmt sein. E-Mail-Management benötigt ein ganzheitliches Konzept. Hierbei ist es erforderlich, die betroffenen Prozesse zu analysieren und festzulegen, wie die E-Mail-Bearbeitung zukünftig erfolgen soll. Zu unterscheiden sind zunächst die verschiedenen Arten des E-Mail-Eingangs. Einerseits gibt es Sammeladressen wie beispielsweise service@unternehmen.de, welche ein hohes E-Mail-Aufkommen in unterschiedlichsten Zusammenhängen aufweisen. Andererseits gibt es Projektmailboxen, die unter Umständen ebenfalls ein hohes E-Mail-Aufkommen haben, bei denen sich der Kontext aber schon durch die E-Mail-Adresse einem bestimmten Projekt zuordnen lässt. Hinzu kommen der persönliche sowie der projektspezifische Mail- und Schriftverkehr.
Betrachtet man den allgemeinen E-Mail-Eingang, so können Systeme für Enterprise Content Management (ECM) eine zentrale Ablage und Verwaltung von Informationen schaffen. Dies ermöglicht es Anwendern, nicht nur E-Mails, sondern auch verschiedenste Arten anderer betrieblicher Information an einem dafür vorgesehen Ort abzulegen, zu bündeln und auch für andere beteiligte Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. Eine E-Mail wird beispielsweise einem bestimmten Kundenprojekt zugeordnet, damit können alle Projektmitarbeiter über diese Informationen verfügen. Die Ablage erfolgt dann beispielsweise innerhalb einer digitalen Projektakte. Wichtig ist, dass sich genau dieser Zusammenhang herstellen lässt, denn nur so lassen sich die Informationen effizient nutzen.  Für den Masseneingang bei zentralen E-Mail-Adressen können ergänzende Technologien zum Einsatz kommen, die Nachrichten auf Basis ihrer Inhalte klassifizieren und eine vorgangsgesteuerte Weiterleitung anstoßen. Diese E-Mail-Klassifikation stellt einen erheblichen Mehrwert in der Verarbeitung von eingehenden E-Mail-Anfragen dar und birgt ein nicht zu unterschätzendes Automatisierungspotenzial.

Klassifikation beschleunigt die weitere Bearbeitung

Intelligente Systeme, welche die eingehenden Nachrichten inhaltlich analysieren, erfassen die Anliegen des Absenders und leiten die Anfrage unter Berücksichtigung von Sach- und Rollenbezug an die entsprechende Stelle weiter. Die Einordnung in den Sach- und Rollenbezug spielt dabei eine zentrale Rolle, insbesondere im Zusammenhang später auftretender Compliance-Fragen.
Die Klassifikation von E-Mails stellt oft den ersten Schritt zur Bestimmung des späteren Ablageorts und der Aufbewahrungsfristen dar. Bei diesem Schritt besteht ein sehr hohes Automatisierungspotenzial, verbunden mit einer deutlichen Kosteneinsparung. Durch die korrekte Klassifikation der Nachrichten kann eine Weiterleitung mit einer proaktiven Anreicherung von Daten aus Drittsystemen erfolgen, die dem zuständigen Sachbearbeiter einen Zeitvorteil bei der Bearbeitung und Beantwortung der E-Mails bringt. Des Weiteren kann eine festgestellte Informationskategorie oder -klasse die Auswertung des E-Mail-Inhaltes und etwaiger Attachments steuern, den dazugehörigen Prozess identifizieren und gegebenenfalls Antworten aus vorgegebenen Textbausteinen vorschlagen oder sogar automatisch versenden. Die Vorteile einer automatischen Unterstützung liegen auf der Hand. Für ein übergreifendes E-Mail-Management reicht jedoch auch Klassifizierung nicht aus.
Was für die Linsen bei Aschenputtel galt, gilt in gleichem Maße auch für die E-Mails in unserem Posteingang. Es sind viele, sie sind vermischt und sie erfordern eine unterschiedliche Behandlung. Eine wesentliche Funktion erledigt in diesem Zusammenhang der SPAM-Filter. In einem weiteren Schritt können E-Mails entsprechend ihrer Metadaten vorsortiert werden. Die Ausprägungen dieser Metadaten führen zu individuellen Merkmalen einer E-Mail, aus welchen sich Prioritätskategorien ableiten lassen, die eine E-Mail beim Empfang beispielsweise als „kritisch“, „moderat“ oder „unwichtig“ markieren. Die vorgegebenen Prioritäten können dann als Grundlage für eine Vorsortierung dienen.
Aber auch geschäftsprozessrelevante E-Mails selbst lassen sich, bevor sie bei der Sachbearbeitung landen, in Bezug auf den Bearbeitungsaufwand weiter qualifizieren und allgemein in zwei Kategorien unterteilen: Zum einen in solche Anfragen, die sich ohne große Aufwände und unmittelbar erledigen lassen. Demgegenüber stehen E-Mails, die Aufgaben betreffen, die nur mittelbar erledigt werden können. Dies ist dann der Fall, wenn sie sich auf einen auf Sachbearbeiter­ebene vorher angestoßenen Prozess beziehen oder auf Verpflichtungen, welche aufwändiger sind und Zusammenhänge abfragen, die sich nicht einfach aus dem Intranet oder aus dem Archiv abrufen lassen. Hier können Regelwerke zum Einsatz kommen, welche das Routing steuern und E-Mails automatisch etwa auf Grundlage der Adressatengruppe, des eindeutigen Betreffs, der Kompetenzen und Erfahrungen von Sachbearbeiter/innen oder der vorher festgelegten Prioritätenkategorien an einen Bearbeitungsplatz weiterleiten.
E-Mail-Management soll den Benutzer bei der Bearbeitung seiner Aufgaben unterstützen. Wird eine E-Mail nach außen verschickt, so müssen Daten aus dem Kontext des Prozesses in Dokumente übertragen werden. Umgekehrt gilt, dass die Daten einer von außen ankommenden E-Mail wieder an den Geschäftsprozess zurückgegeben werden müssen. Diese Aufgabe hat das rollen- und sachbezogene Routing, nach dessen erfolgreicher Anwendung eine E-Mail im Postkorb des Sachbearbeiters landet, der für die vom Inhalt adressierten Aufgabe(n) zuständig ist, oder alternativ in einer Gruppen-Inbox, aus der sich die zuständigen Sachbearbeiter bedienen.
Wissensbasierte Ansätze können ein intelligentes E-Mail-Management in der Zukunft noch effizienter gestalten. Allerdings ist ein Großteil der Unternehmen heute noch weit davon entfernt, die beschriebenen Verfahren in die Realität umzusetzen. Betrachtet man den Status Quo in Sachen E-Mail-Management und berücksichtigt die angesprochene Veränderung der Kommunikation, so sind Unternehmen gut beraten, wenn sie ihr Informationsmanagement und damit auch ihr E-Mail-Management kritisch überprüfen. E-Mail ist ein Kommunikationskanal, der in vielen Unternehmen bereits jetzt außer Kontrolle geraten ist.

Social Media dürften wohl bald die E-Mail ergänzen

Es ist bereits heute absehbar, dass die E-Mail weitere Wettbewerber für die Kommunikation von Seiten der Kunden bekommt, denen sich auch Unternehmen nicht verschließen können. Die Prognosen hierfür sprechen eine deutliche Sprache. Der European Communication Monitor 2012, eine weltweite Befragung zum Kommunikationsverhalten, ermittelte eine weit überdurchschnittliche Wachstumsprognose für Social Media und eine stetig steigende Bedeutung dieses Informationskanals für Unternehmen.
Wie wichtig dieses Thema für Software-Anbieter ist, zeigt die Übernahme des Enterprise Social Network Yammer durch Microsoft und dessen Erfolge bei einigen großen Organisationen, die zukünftig ihre Arbeitsplätze damit ausstatten.  Es ist also durchaus denkbar, dass die E-Mail im Unternehmen der Zukunft eine untergeordnete Rolle spielen wird. Auch bei der Kundenbetreuung ist zu erwarten, dass die Kommunikation per E-Mail mittelfristig zugunsten anderer Kommunikationsformen sinken wird. Der Weg zu einer effizienteren Kommunikation führt nicht alleine über die Automatisierung in der E-Mail-Verarbeitung. Entscheidend wird sein, dass moderne Technologien sämtliche Kommunikationsformen verarbeiten.
Betrachtet man aktuelle Zahlen des E-Mail-Einsatzes in Unternehmen, so lässt sich feststellen, dass diese Kommunikationsform noch längst nicht tot ist. Noch steigt das E-Mail-Aufkommen leicht an. Allerdings werden andere Kommunikationsformen die E-Mail irgendwann überholt haben. Mit das größte Manko der E-Mail ist die fehlende Sicherstellung einer gemeinsamen Nutzung der Informationen. Hinzu kommt die seltene Kontrolle darüber, was der Empfänger damit macht und welcher Bearbeitungsstand gerade erreicht ist. Diese und weitere Themen lassen sich in  modernen Plattformen zur Zusammenarbeit effektiv abbilden.
Die Herausforderung besteht darin, unabhängig vom Kommunikationskanal Lösungen zur Verfügung zu stellen, die intelligente Klassifikation anbieten und somit den Grundstein für eine darauf aufbauende Automatisierung legen. Egal ob wir zukünftig über E-Mail, Facebook, Twitter und Co. kommunizieren, Unternehmen müssen ihr Informationsmanagement frühzeitig darauf ausrichten. Die Generation der Digital Natives wird diese Anforderungen an Unternehmen stellen. Detaillierte Einblicke finden sich in einem kostenlosen Whitepaper von Pentadoc Radar und Insiders Technologies unter www.ecm-lounge.com. Maximilian Gantner/jf

Der Autor:

Maximilian Gantner ist seit über sechs Jahren als Analyst und Berater im Bereich Dokumentenmanagement und Enterprise Content Management (ECM) tätig. Er ist bei der Pentadoc AG als Senior Analyst für den Geschäftsbereich Radar verantwortlich und beschäftigt sich mit Markt- und Trendanalysen sowie Software-Vergleichstests.

Maximilian Gantner ist seit über sechs Jahren als Analyst und Berater im Bereich Dokumentenmanagement und Enterprise Content Management (ECM) tätig. Er ist bei der Pentadoc AG als Senior Analyst für den Geschäftsbereich Radar verantwortlich und beschäftigt sich mit Markt- und Trendanalysen sowie Software-Vergleichstests.

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