Der Datenschutz überfordert viele Unternehmen

Trotz hoher Geldbußen hat fast ein Drittel der europäischen Unternehmen die Datenschutz-Grundverordnung nicht umgesetzt. 57 Prozent halten die Vorgaben ein, 13 Prozent sind unsicher. Das zeigt eine Studie des Beratungshauses RSM.

Die Ursachen für den mangelnden Datenschutz sind vielschichtig. Mittelständische Unternehmen haben Verständnisschwierigkeiten mit einer ganzen Reihe von Bereichen, die unter die Verordnung fallen. Mehr als ein Drittel (38 Prozent) der gegen die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstoßenden Unternehmen versteht nach eigener Angabe nicht, wann die Zustimmung zur Aufbewahrung und Verarbeitung von Daten erforderlich ist. 35 Prozent sind unsicher, wie sie die Verwendung personenbezogener Daten durch ihre Mitarbeiter überwachen sollen. 34 Prozent kennen die erforderlichen Verfahren nicht, mit denen sie sicherstellen, dass die Verträge mit Drittanbietern konform sind.

Die Zahlen entstammen einer Umfrage des European Business Award im Auftrag von RSM, einer Prüfungs-, Steuer- und Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt auf dem Mittelstand. Im Mai und Juni dieses Jahres wurden 370 europäische mittelständische Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 100 Millionen Euro befragt.

Sicherheit und Compliance erfordern hohen Aufwand

Trotz der mangelhaften Einhaltung bringt die Europäische Datenschutzverordnung laut Studie positive Ergebnisse: 58 Prozent der Befragten fördern nach eigener Aussage eine innovative Datennutzung, 51 Prozent glauben sich besser vor Cyberkriminalität geschützt. Für 31 Prozent der Unternehmen hat die Compliance die Effizienz ihres Geschäfts gesteigert. Bei der Cybersicherheit haben 62 Prozent der befragten Unternehmen ihre Investitionen erhöht. Fast drei Viertel (73 Prozent) ghat die DSGVO sie dazu motiviert, den Umgang mit Kundendaten zu verbessern. 21 Prozent der Unternehmen verfügen allerdings bislang über keine eigene Cybersicherheitsstrategie. Auch negative Auswirkungen verzeichnet die Studie: 37 Prozent der Unternehmen berichten, dass Aufwand für Compliance ihr Wachstum gebremst hat, während 28 Prozent beklagen, dass der Datenschutz die Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Unternehmen erschwert.

„Angesichts der komplexen Anforderungen haben wir bei den Unternehmen im vergangenen Jahr eine gewisse DSGVO-Müdigkeit festgestellt“, berichtet Steven Snaith, Technology Risk Assurance Partner bei RSM Großbritannien. „Vor allem mittelständische Betriebe waren von den Informationen der Presse, der Branchenverbände und der Interessengruppen überwältigt. Viele sind deshalb bei der der alten Vorgehensweise geblieben.“ Der RSM-Manager sieht allerdings auch Anzeichen dafür, dass diese Müdigkeit bald nachlässt. Hohe Geldbußen in ganz Europa hätten gezeigt, dass die Regulierungsbehörden den Datenschutz ernst nehmen. „Allmählich wachen die Unternehmen auf und erkennen, dass die Einhaltung der DSGVO mehr umfasst als nur Richtlinien, Verfahren und Schulungen. Die zugrunde liegenden technologischen Kontrollen müssen robust sein, um die Weitergabe und den unbefugten Zugriff auf personenbezogene Daten zu gewährleisten.“

Guter Datenschutz bringt Wettbewerbsvorteile

Die DSGVO ist komplex und herausfordernd – sie bietet aber auch eine Chance für Unternehmen, sich durch ihre Reaktionsfähigkeit und ihre organisatorische Agilität positiv vom Wettbewerb abzuheben. „Durch den Wegfall von überholten Legacy-Systemen und ein Umdenken in der Art des Umgangs mit Daten werden Unternehmen zu attraktiveren Partnern auf der globalen Bühne“, erklärt Jean Stephens, CEO von RSM International.

In Deutschland hat der Datenschutz eine besonders hohe Priorität, und zwar nicht nur beim Gesetzgeber, sondern auch direkt beim Kunden in den Bereichen Business-to-Consumer und Business-to-Business. „Trotz der hohen Komplexität des Themas sollte der Mittelstand aus der Not der Veränderung proaktiv eine Tugend machen“, fordert Gregor Strobl, Co-Head of Risk Advisory Services (RAS) von RSM Risk Consulting Germany. „Mit einem gesetzeskonformen Datenschutz verschaffen sich Unternehmen einen Wettbewerbsvorsprung.“     Jürgen Frisch

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