Acht Fallstricke behindern die Fertigungsplanung

Material, Werkzeuge, Mensch und Zeit: Wer das gut koordiniert, hat die Nase vorn. Mit Advanced Planning and Scheduling automatisieren Unternehmen die Produktionsplanung. Der Standardsoftwerker proALPHA nennt die Stolperfallen dabei.

Werkzeuge für die Multiressourcenplanung versprechen optimierte Fertigungszeiten bei niedrigen Kosten. Denn ihr Algorithmus richtet den Mitteleinsatz an betriebswirtschaftlichen Zielen aus, etwa einer höchstmöglichen Liefertermintreue oder minimalen Durchlaufzeiten. Um dieses Ziel auch zu erreichen, sollten Unternehmen bei der Einführung einer automatisierten Fertigungsplanung die nachfolgend genannten acht Punkte beachten:

Der Autor
Dr. Markus Berg ist Director Development Business Processes bei ProAlpha.

1. Stammdaten
Für viele klingt Stammdatenpflege immer noch eher nach Strafrunde als nach Pole-Position. Dabei sind solide Daten der Schmierstoff für eine rund laufende Automatisierung. Die darin investierte Mühe und Zeit lohnen sich in mehrfacher Hinsicht. Denn gut gepflegte Daten sorgen nicht nur für reibungslose digitale Abläufe. Wer seine Lieferanten- und Teiledaten in Schuss hält, Takt- und Wiederbeschaffungszeiten pflegt, kann auch seine Produktivität fundiert beurteilen.

2. Timing
In der idealen Welt kommunizieren Maschinen direkt und in Echtzeit mit dem ERP-System (Enterprise Resource Planning). In der Realität tun sich viele Unternehmen noch schwer damit, laufend aktuelle Daten aus dem Supply Chain Management und der Produktion in die Fertigungsplanung zu liefern. Einige sind noch überwiegend mit Papier unterwegs, andere haben erst Teile ihrer Datenquellen vernetzt. Letzteres bedeutet jedoch nicht, auf Automatisierung komplett verzichten zu müssen. Denn es ist durchaus möglich, zum Beispiel nur Engpässe genau zu planen und anderes außen vor zu lassen. Selbst eine solche Planung liefert bereits relativ verlässliche Szenarien, mit denen sich gut arbeiten lässt.

3. Weiterbildung von Mitarbeitern
Die zunehmende Automatisierung befeuert den Mythos, dass der Mensch in der Fabrik von morgen keine Rolle mehr spielt. Unternehmer fragen sich daher, ob es sich überhaupt lohnt, Mitarbeiter technisch noch weiterzubilden. Fakt ist: Die Arbeit mit einem System für Advanced Planning and Scheduling erfordert gut ausgebildete Kräfte und Experten, welche die Lösungen für typische Problemquellen kennen. Unternehmen, die nicht in die technische Qualifikation ihrer Mitarbeiter investieren, dürften daher das Nachsehen haben.

4. Detaillierungsgrad
Die enormen technischen Möglichkeiten von Advanced Planning and Scheduling verführen leicht dazu, sich im Klein-Klein zu verlieren. Einige Unternehmen würden am liebsten alles erfassen, inklusive Kaffee- und Mittagspausen. Eine minutengenaue Planung ist zwar machbar, aber – vom Robotereinsatz abgesehen – wenig sinnvoll. In den seltensten Fällen arbeiten nämlich Werker Aktivitäten auf die Minute genau ab. Darüber hinaus erfordert ein hoher Detaillierungsgrad auch eine extrem hohe Datenqualität. Experten raten daher, eher mit einem gewissen Maß an Ungenauigkeit zu planen und das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren. Schließlich besteht ein achtstündiger Arbeitstag aus acht zu verplanenden Stunden, mit und ohne berechnete Pausen.

5. Fokus
Mit Advanced Planning and Scheduling wird nicht ausschließlich die Produktion optimiert. Die hinzugewonnene Effizienz wirkt auch auf benachbarte Prozessbereiche wie Disposition, Einkauf und Vertrieb. Ein Implementierungsprojekt für eine derartige Lösung sollte daher auch immer die Schnittstellen von der Fertigung zu anderen Unternehmensbereichen umfassen.

6. Simulieren
Was wäre, wenn dieser eine zusätzliche Auftrag jetzt käme? Gingen andere in Terminverzug, und wenn ja, welche? Fertigungsunternehmen sollten wissen, was bei Annahme eines Auftrags passiert – und zwar schon in der Vertriebsphase. Zum einen, damit sie ihren Kunden gegenüber Termine zuverlässig kommunizieren. Zum anderen, um in Fertigung und Montage nicht in Teufels Küche zu kommen. Moderne Systeme Advanced Planning and Scheduling erlauben es heute, Simulationen noch vor der Auftragsvergabe zu fahren. So entsteht von Anfang an Planungssicherheit.

7. Spezialsoftware
Je mehr Systeme ein Unternehmen einsetzt, umso höher fallen Wartungskosten für die Schnittstellen aus. Es empfiehlt sich daher eine kritische Prüfung, ob angesichts des Leistungsumfangs moderner ERP-Systeme eigenständige Systeme zur Betriebsdatenerfassung (BDE) und für Manufacturing Execution (MES) tatsächlich noch gebraucht werden. Spezialsoftware sollte nur dort zum Einsatz kommen, wo markt- oder unternehmensspezifische Anforderungen eine Standardlösung nicht zulassen.

8. Systemauswahl
Geht es um die Softwareauswahl, hantieren Unternehmen und Berater häufig mit langen Feature-Listen. Sie versuchen auf diesem Weg, die Eignung einer Lösung für den individuellen Einsatzzweck zu beurteilen. Das gelingt in der Praxis oft eher mäßig. Besser ist es daher, sich an Referenzkunden zu orientieren, deren Prozesse ähnlich arbeiten. Weitere Unterstützung bieten Berater, die sich auf Softwareauswahl spezialisiert haben.

Richtig angegangen, hat eine automatisierte Fertigungsplanung mit Advanced Planning and Scheduling enormes Potenzial. Indem sie knappe oder überlastete Ressourcen aufzeigt, Alternativen vorschlägt und Fertigungsaufträge priorisiert, entsteht nicht nur eine vorausschauende Gesamtplanung. Unternehmen können damit auch rasch Nachfragesprünge reagieren – um Engpässe und teure Sonderschichten zu vermeiden.

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