Nutzungsbasiertes Pricing bieten wenige Fertiger

Beim Thema Smart Factory zeigt sich die Fertigungsindustrie fortschrittlich, bei Service-orientierten Geschäftsmodellen hingegen zögerlich. Die USA sind den europäischen Unternehmen voraus, wie eine Studie des Softwareherstellers IFS zeigt.

Die Chancen der Smart Factory ergreift die Fertigungsindustrie gerne. Beim Umsetzen Service-orienterter Geschäftsmodelle (Servitization) zögern viele Unternehmen aus Deutschland allerdings. Das zeigt eine weltweite branchenübergreifende Digital-Change-Studie Studie, die der global agierende Anbieter von Business Software IFS eine durchgeführt hat. Befragt wurden weltweit 750 Entscheider aus den Branchen Industrielle Fertigung, Anlagen- und Maschinenbau, Öl und Gas, Luftfahrt und Dienstleistung. Die Befragten stammen aus den USA, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Schweden, Norwegen, Dänemark, den Niederlanden, Spanien, Polen, Australien, China, Japan, dem Mittleren Osten und Indien.

Amerikanische Fertiger liegen bei der Digitalisierung vorne

Ein zentrales Ergebnis der branchenspezifischen Auswertung: Die globale Fertigungsindustrie scheint insgesamt eine digital reife Branche zu sein. So siedeln 83 Prozent der Studienteilnehmer aus diesem Segment verorten die digitale Reife ihres Unternehmens auf einer Skala von eins bis fünf auf den höchsten drei Stufen. Auf der niedrigsten Stufe sieht sich kein einziges Produktionsunternehmen. Im internationalen Vergleich offenbaren sich erhebliche Unterschiede. Am weitesten in der Digitalisierung sind die Fertigungsunternehmen in Nordamerika, wo sich 55 Prozent auf den beiden höchsten Stufen der Reifeskala verorten. In Europa sind das lediglich 29 Prozent; in der Region Asien-Pazifik sogar erst 21 Prozent.

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Weltweit haben laut IFS-Studie 55,3 Prozent der Fertigungsunternehmen bereits Elemente von Industrie 4.0 eingeführt. In Deutschland ist es genau die Hälfte. Foto: IFS

 

Weniger positiv fällt die Selbsteinschätzung der Fertiger bezüglich ihrer Investitionen in die Digitalisierung aus. Weltweiten betrachten 84 Prozent der Unternehmen als „angemessen“ oder „förderlich“. Im Vergleich zu den anderen untersuchten Branchen fallen diese Werte allerdings niedrig aus. Als Top-Investitionsgebiet in Sachen Digitalisierung nennen die Unternehmen weltweit Big Data und Analytics. Allerdings nutzen derzeit erst 26 Prozent der Betriebe Datenanalysen, um Innovationen voranzutreiben. 58 Prozent geben an, dass sie gerade mit Datenanalysen begonnen haben, diese ihnen aber noch keinen Wettbewerbsvorteil liefern.Service-basierte Geschäftsmodelle sind bislang selten

Als größte Chance der Digitalisierung für die Fertigungsindustrie gilt die die intelligente Fabrik, die sich selbst organisiert. Hier scheinen viele Produktionsunternehmen auf einem guten Weg zu sein. Weltweit gibt über die Hälfte der Befragten (55 Prozent) an, sich in diese Richtung zu wandeln. In Deutschland sind es mit 50 Prozent knapp weniger. Weitere 26 Prozent (in Deutschland 30 Prozent) der Betriebe wollen den Schritt zur Smart Factory in den nächsten beiden Jahren gehen. Noch nicht so weit fortgeschritten ist die Branche dagegen beim Thema Servitization. Hierbei geht es darum, dass Fertigungsunternehmen ergänzende Services zu ihren Produkten anbieten oder komplett Service-orientierte Geschäftsmodelle realisieren. Dann kaufen die Kunden keine Maschinen mehr, sondern bezahlen nur noch deren tatsächliche Nutzung.

Weltweit ist das Thema ergänzende Dienstleistungen und service-basierte Geschäftsmodelle bei 43,3 Prozent der Fertigungsbetriebe gerade im Entstehen. In Deutschland gilt das allerdings lediglich für 20 Prozent der Unternehmen. Foto: IFS

Lediglich 24,7 Prozent der weltweit befragten Fertigungsunternehmen berichten, dass die Servitization bei ihnen bereits fest etabliert ist und Dividende abwirft. In Deutschland sind es immerhin 30 Prozent. Weltweit ist die Servitization bei 43,3 Prozent der Produktionsunternehmen gerade im Entstehen und erhält angemessene Aufmerksamkeit und Unterstützung von der Geschäftsführung. In Deutschland gilt das nur für 20 Prozent der Betriebe. Weltweit leitet offenbar ein knappes Drittel der Fertiger für sich noch keine Wertschöpfungsmöglichkeit aus ergänzenden Dienstleistungen und service-basierten Geschäftsmodellen ab. In Deutschland gilt das sogar für die Hälfte der Unternehmen.

„Der Wettbewerbsdruck, aber auch die steigenden Kundenerwartungen machen die Servitization immer mehr zu einem Muss für die Fertigungsbranche“, warnt Antony Bourne, Vice President Global Industry Solutions bei IFS. „Produktionsunternehmen, die dieses Thema nicht angehen, verschenken Umsätze und verpassen auch die Möglichkeit, ihre Angebote zukunftsträchtig weiterzuentwickeln.“ Jürgen Frisch

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