Künstliche Intelligenz kommt allmählich voran

Zwei Drittel der deutschen Unternehmen halten Künstliche Intelligenz für die wichtigste Zukunftstechnologie, aber erst 8 Prozent nutzen solche Anwendungen. Laut Bitkom will immerhin jeder vierte Betrieb investieren.

Künstliche Intelligenz gilt in der deutschen Wirtschaft als entscheidende Zukunftstechnologie und immer mehr Unternehmen sehen darin eine Chance für das eigene Geschäft. Entsprechend steigt der Anteil derjenigen, die derartige Anwendungen einsetzen, und jedes vierte Unternehmen (24 Prozent) plant Investitionen. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung des Digitalverbands Bitkom. Dabei wurden 603 Unternehmen ab 20 Mitarbeitern in Deutschland von Februar bis Ende März dieses Jahres telefonisch interviewt.

Unternehmen erwarten mehr Chancen als Risiken

Laut Studie betrachten als zwei Drittel der Befragten (69 Prozent) Künstliche Intelligenz als die wichtigste Zukunftstechnologie. Lediglich rund jedes vierte Unternehmen (26 Prozent) ist der Meinung, dass diese Technologie überschätzt wird und nur ein Hype ist. Mehr und mehr Unternehmen sehen für sich selbst Vorteile in Künstlicher Intelligenz: 62 Prozent erhoffen sich dadurch Chancen für das eigene Geschäft, vor einem Jahr waren es erst 55 Prozent. Der Anteil derjenigen, die vor allem Risiken sehen, ist von 28 auf 23 Prozent zurückgegangen. Jedes neunte Unternehmen (11 Prozent, 2020: 14 Prozent) glaubt, dass Künstliche Intelligenz keinen Einfluss auf das eigene Geschäft hat. Nicht im gleichen Tempo steigt jedoch die Zahl der Unternehmen, die diese Technologie einsetzen. Aktuell nutzen 8 Prozent der Unternehmen derartige Anwendungen, vor einem Jahr waren es 6 Prozent. Stärker gestiegen ist der Anteil der Unternehmen, die den Einsatz planen oder diskutieren, von 22 auf 30 Prozent. Gesunken ist der Anteil der Unternehmen, in denen Künstliche Intelligenz kein Thema ist, von 71 Prozent im Jahr 2020 auf jetzt 59 Prozent.

„Die Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz ziehen sich durch alle Branchen“, berichtet Bitkom-Präsident Achim Berg. „Dass diese Technologie in der deutschen Wirtschaft zunehmend als ein Muss und zugleich als Chance gesehen wird, ist ein gutes Zeichen. Jetzt muss es darum gehen, die dazugehörigen mit noch mehr Schwung in die unternehmerische Praxis zu bringen.“

Im Aufwind: Von 8 auf 30 Prozent ist seit 2018 der Anteil der Unternehmen gestiegen, die den Einsatz Künstlicher Intelligenz planen oder diskutieren. Deutlich langsamer steigt die Zahl konkreter Projekte.
Quelle: Bitkom

Für Projekte fehlt es oft an Geld, Personal und Zeit

Unternehmen, die sich aktuell nicht mit Künstlicher Intelligenz beschäftigen, nennen dafür als wichtigste Gründe fehlendes Personal (49 Prozent), fehlende Zeit (47 Prozent) und fehlende finanzielle Mittel (46 Prozent). 4 von 10 Unternehmen (44 Prozent) wollen zunächst einmal abwarten, wo sich in anderen Unternehmen der Einsatz als sinnvoll erweist. 40 Prozent verfügen nicht über die notwendigen Daten für den Einsatz solcher Anwendungen, 38 Prozent fühlen sich verunsichert durch rechtliche Unklarheiten. Nur selten scheitert der Einsatz an fehlenden Use Cases im eigenen Unternehmen (17 Prozent) und geeigneten Werkzeugen (13 Prozent) oder weil sich die Unternehmen gerade mit anderen Zukunftstechnologien beschäftigen (4 Prozent). „Keine Leute, kein Geld, keine Zeit – das dürfen keine Gründe gegen KI sein“, erläutert Berg. „Die zukunftsgerichtete Allokation von Ressourcen ist oberste Managementaufgabe. Künstliche Intelligenz muss in jedem Unternehmen auf die Agenda.“

Prozessoptimierung und schnelle Problemanalysen

Grundsätzlich erhoffen sich die Unternehmen von Künstlicher Intelligenz eine breite Palette von Vorteilen, etwa durch die Optimierung von Prozessen. So erwarten 44 Prozent schnellere und präzisere Problemanalysen, 35 Prozent beschleunigte Prozesse und 30 Prozent einen geringeren Ressourcenverbrauch, wovon auch die Umwelt profitieren würde. Auch mit Blick auf die Beschäftigten erwarten die Unternehmen Vorteile. 39 Prozent rechnen mit der Vermeidung menschlicher Fehler im Arbeitsalltag, 31 Prozent erhoffen sich dadurch Expertenwissen, das sonst nicht vorhanden wäre und 28 Prozent gehen davon aus, dass sich Mitarbeiter dank derartiger Anwendungen auf wichtigere Aufgaben konzentrieren können. In einigen Fällen soll Künstliche Intelligenz das Geschäftsmodell verändern: 21 Prozent erwarten die Verbesserung von bestehenden Produkten und Dienstleistungen, 17 Prozent rechnen sogar mit völlig neuen Angeboten. Kosten sparen will hingegen nur jedes zehnte Unternehmen (10 Prozent). „Es gibt nicht den einen Grund, Künstliche Intelligenz im Unternehmen zu nutzen“, erläutert Berg. „Es handelt sich um eine Basistechnologie, die eine Vielzahl neuer Möglichkeiten eröffnet.“

Personalisierte Werbung und eine schlanke Produktion

Unternehmen, die bereits Künstliche Intelligenz nutzen, setzen dabei am häufigsten auf personalisierte Werbung (71 Prozent). 64 Prozent nutzen die Technologie zur Verbesserung interner Abläufe in der Produktion und Instandhaltung, 63 Prozent im Kundendienst, etwa bei der automatisierten Beantwortung von Anfragen. Rund jedes zweite Unternehmen setzt intelligente Anwendungen bei der Analyse des Kundenverhaltens im Vertrieb ein (53 Prozent) oder bereichsübergreifend für das Übersetzen von bei Texten (50 Prozent). In der Buchhaltung nutzen 44 Prozent die Technologie für automatisierte Buchungen, 43 Prozent setzen sie zur Managementunterstützung ein, etwa bei der Entwicklung von Strategien. 39 Prozent haben derartige Tools in ihrer IT-Abteilung eingeführt, 35 Prozent in der Logistik, etwa für bessere Routenplanungen. Seltener kommt sie bei Forschung und Entwicklung (25 Prozent) oder in der Personalabteilung (21 Prozent) etwa zur Vorauswahl von Bewerbern zum Einsatz. 18 Prozent decken damit Risiken im Unternehmen auf, etwa im Controlling. So gut wie niemand (1 Prozent) hat solche Anwendungen in der Rechts- und Steuerabteilung im Einsatz.

Vor allem kleine Unternehmen zögern mit Investitionen

Im laufenden Jahr sind die Unternehmen mit Investitionen in Künstliche Intelligenz zurückhaltend. Gerade einmal 8 Prozent aller Unternehmen wollen investieren, 16 Prozent haben sich das für 2022 oder die Folgejahre vorgenommen. 16 Prozent haben bereits in der Vergangenheit derartige Projekt gestartet. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) hat noch gar kein Geld für Künstliche Intelligenz ausgegeben – und will das auch in Zukunft nicht tun. Kleine Unternehmen sind dabei deutlich zurückhaltender als große. So wollen 2021 nur 6 Prozent der Unternehmen mit 20 bis 99 Beschäftigten in diese Technologie investieren, bei den Unternehmen mit 100 bis 499 Beschäftigten sind es 15 Prozent und bei Großunternehmen ist es mehr als jedes fünfte (23 Prozent bei Unternehmen mit 500 bis 1.999 Beschäftigen, 21 Prozent ab 2.000 Beschäftigten). Zugleich haben erst 14 Prozent der kleineren Unternehmen in der Vergangenheit in Künstliche Intelligenz investiert, bei jenen mit 100 bis 499 Beschäftigten sind es 23 Prozent, bei größeren Unternehmen von 500 bis 1.999 Beschäftigten 33 Prozent und sogar 41 Prozent bei Unternehmen mit 2.000 oder mehr Beschäftigten. „Die Corona-Pandemie trägt sicherlich zur aktuellen Investitionszurückhaltung in Künstliche Intelligenz bei“, erläutert Berg. Andererseits erleben wir, dass Unternehmen, die in der Vergangenheit in ihre Digitalisierung investiert haben, besser durch die aktuelle Krise kommen.“      Jürgen Frisch

Kommentare sind deaktiviert