Finanzierungsprobleme und Fachkräftemangel bremsen den Mittelstand aus

In einer Studie hat der Softwarehersteller Sage die Stärken und Schwächen des Mittelstands aufgespürt. Jayne Archbold, Geschäftsführerin von Sage Enterprise Market Europe, und Christopher Catterfeld, Leiter Strategie und Kommunikation, erläutern, was ihr Unternehmen anbietet, um kleine und mittlere Betriebe zu stärken.

„Es wäre dumm, Druck auf Kunden auszuüben, um sie zum Wechsel auf eine andere SAGE Produktlinie zu bewegen“, betont Jayne Archbold, Geschäftsführerin von Sage Enterprise Market Europe. Foto: SAGE

Warum hat Sage eine so groß angelegte Studie über den europäischen Mittelstand in Auftrag gegeben?

Archbold: Wir wollen den Mittelstand hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Entwicklung in den nächsten Jahren verstehen und auch seine Wahrnehmung verbessern. In den meisten europäischen Ländern ist die Volkswirtschaft nicht so stark vom Mittelstand geprägt wie in Deutschland. Hier achtet man stark auf die Unternehmen mittlerer Größe. In anderen Ländern ist das nicht unbedingt so. Dabei hat der Mittelstand echte Vorteile gegenüber kleinen und großen Unternehmen. Aus dem Vereinigten Königreich schaut man immer etwas neidisch auf Deutschland, weil sich der Mittelstand so gut und robust entwickelt.

Welchen Schwächen deckt Ihre Studie denn im deutschen Mittelstand auf?

Catterfeld: Zwei Themen beschäftigen mittelständische Unternehmen sehr stark: der Fachkräftemangel in all seinen Facetten – vom Recruiting der richtigen neuen Mitarbeiter bis zum Halten der vorhandenen Fachkräfte – und das Exportgeschäft. Vielen deutschen Mittelständlern fällt es schwer, an Förderung und Finanzierung für ihre Aktivitäten im Ausland heranzukommen. Sie haben einen schlechteren Zugang zu Kapital, um beispielsweise eine Niederlassung in der Türkei zu gründen. Für den Mittelstand bedeutet das eine gewisse Schwächung.

Was müsste passieren, um dieses Problem zu beheben?

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Christopher Catterfeld, Leiter Strategie und Kommunikation bei SAGE. Foto: SAGE

Catterfeld: Die Regierung und andere öffentliche Einrichtungen könnten Auslandsaktivitäten besser fördern, beispielsweise durch Beratung und konkrete Unterstützung vor Ort. Und der Finanzmarkt in Europa ist längst nicht so flexibel, wie man es beim Blick in die täglichen Nachrichten erwarten würde. Mehr und andere Finanzierungsmöglichkeiten jenseits des klassischen Bankkredits könnte hier mehr Dynamik ermöglichen.

Sage hat mit seiner Unternehmenssoftware Sage ERP X3 den Mittelstand im Fokus. Wie gut kommt Ihre Lösung denn dort an?

Archbold: Rund 5000 Unternehmen weltweit arbeiten mit Sage ERP X3. Sie schätzen die Flexibilität des Systems und die gute internationale Verfügbarkeit. Mit ihr können Unternehmen über Länder- und Währungsgrenzen hinweg arbeiten, verschiedene Firmenteile integrieren und dabei sicherstellen, dass sie die rechtlichen Vorschriften des jeweiligen Landes einhalten. Meist als Service in einer Private Cloud betrieben, lässt sich Sage ERP X3 leicht per Web nutzen. Wir bieten damit eine gute Lösung, die es Unternehmen erleichtert, auch in anderen Ländern aktiv zu werden.

Gerade in Deutschland sehen viele Unternehmen Cloud-Services  sehr kritisch. Passt Ihre Lösung für den hiesigen Markt?

Catterfeld: Zweifellos ist Deutschland der sensibelste Markt in Sachen Datenschutz und Datensicherheit. Auf unseren Anforderungslisten für unsere Lösungen steht das Thema deshalb immer ganz weit oben. Unsere Lösung läuft auf Amazon Web Services, und Amazon baut gerade auch ein Rechenzentrum in Deutschland, um selbst die Anforderungen des Marktes hier noch besser zu erfüllen. Das beobachten wir sehr genau.

Archbold: Mit unseren diversen Cloud-Angeboten für kleine wie große Unternehmen wachsen wir weit überdurchschnittlich, in Deutschland im letzten Geschäftsjahr sogar um 150 Prozent – wenn auch natürlich von niedrigem Niveau. Weltweit macht das Cloud-Geschäft zwar erst wenige Prozent unseres Umsatzes aus, wächst jedoch hoch zweistellig. Unser Cloud-Angebot für kleine Unternehmen, Sage One, nutzen beispielsweise mehr als 86.000 Kunden. Wir lassen dem Kunden die Wahl, ob er Software as a Service oder on premise nutzen will.

Sage hat durch Unternehmenskäufe eine ganze Reihe an Software-Linien hinzubekommen, die teilweise auf wenige nationale Märkte fokussiert sind, beispielsweise die Sage Office Line und Sage ERP b7. Welche Zukunft haben diese Lösungen, wenn Sie für eine ähnliche Zielgruppe eine Lösung wie Sage ERP X3 weltweit anbieten?

Archbold: Diese stärker regional orientierten und auf kleine und mittlere Unternehmen bis maximal 500 Mitarbeiter ausgerichtete Lösungen haben eine gute Zukunft. Wir entwickeln sie auch weiter – wie wir mit Sage ERP b7, die gerade in einer neuen Version vorgestellt wird, gezeigt haben. Wir nötigen niemanden, auf eine andere Software umzusteigen. Unsere Kunden sind zufrieden mit den Lösungen, mit denen sie arbeiten. Was gibt es besseres, als einen zufriedenen Kundenstamm zu pflegen? Es wäre dumm, Druck auf Kunden auszuüben, um sie zum Wechseln zu bewegen. Ich kenne zum Beispiel einen 85-jährigen Unternehmensinhaber, der, bevor er auf den Golfplatz geht, in seine vertraute Software schaut. Das sind doch treue Kunden, die man behalten will. Außerdem machen wir auch mit diesen Produktlinien ein solides Neugeschäft, auf das wir nicht verzichten wollen.

In Deutschland ist SAP der Platzhirsch für Unternehmenssoftware. Wie wollen Sie hier punkten?

Archbold: Wir bieten Lösungen, die sehr einfach zu bedienen und schnell zu implementieren sind. Gerade bei der Gestaltung der Benutzeroberfläche achten wir darauf, dass der Anwender intuitiv und auch ohne Anleitung damit arbeiten kann. Das sind ganz wesentliche Pluspunkte für unsere Produkte.

Catterfeld: Das gilt übrigens nicht nur für Sage ERP X3, sondern beispielsweise auch für unsere neue Cloud-Lösung für die Personalwirtschaft, für Sage HR Online. Sie lässt sich innerhalb von einem Tag einführen und sofort nutzen. Spezielle Schulung ist nicht erforderlich.

Sehen wir uns einen anderen Wettbewerber an, Microsoft. Microsoft ist für Sage Technologielieferant beispielsweise für Datenbanken, gleichzeitig aber mit Microsoft Dynamics Konkurrent. Wie gut kann das funktionieren?

Archbold: Sehr gut. Bei einem so großen Unternehmen sind das zwei voneinander getrennte Geschäftsbereiche. Auf unser Geschäft hat das keine Auswirkungen.

Was treibt Sie in Ihrem Geschäft an?

Archbold: Die Begeisterung für die Dynamik des Mittelstands. Unsere Studie haben wir in Auftrag gegeben, weil wir das Gefühl hatten, dass mittelständische Unternehmen die Helden der europäischen Wirtschaft sind. Das haben wir jetzt mit Fakten untermauert. Es macht sehr viel Spaß, mit diesen Firmen zusammenzuarbeiten.

 

Die zentralen Ergebnisse der Studie

Der Software-Anbieter Sage hat in einer großangelegten Studie die Bedeutung des Mittelstands für die europäische Wirtschaft untersuchen lassen. Durchgeführt wurde die Analyse vom Centre for Economic and Business Research (Cebr) im Zeitraum Dezember 2014 bis Januar 2015. Befragt haben die Marktforscher 814 Entscheider in mittelgroßen europäischen Unternehmen (50 bis 499 Mitarbeiter) in zwölf Ländern – mit folgenden Ergebnissen:

– Mittelständische Unternehmen trugen 2014 mit 1,03 Billion Euro zur europäischen Wirtschaft bei. In Deutschland lag der Wert bei 298 Milliarden Euro.

– In den Niederlanden, in Portugal, Polen, Tschechien und Deutschland ist der Mittelstand besonders stark und trägt mit 20 Prozent und mehr zur Bruttowertschöpfung bei.

– Obwohl nur ein Prozent der Firmen in Europa zum Mittelstand gezählt werden, schafft er 20 Prozent des Umsatzes und 18 Prozent der Bruttowertschöpfung. Sie beschäftigen 17 Prozent der Angestellten.

– In Deutschland zählen 2,7 Prozent der Firmen zum Mittelstand (s. o.). Sie sorgten 2014 für mehr als ein Fünftes des Gesamtumsatzes, der Bruttowertschöpfung und der Beschäftigten.

– Der deutsche Mittelstand wächst überdurchschnittlich: Seine Bruttowertschöpfung ist in den vergangenen zehn Jahren um fast 40 Prozent gewachsen, die der Gesamtwirtschaft nur um 30 Prozent.

– 74 Prozent der deutschen Mittelständler führten 2012 Innovationen ein. Das macht den deutschen Mittelstand zum innovativsten in Europa.

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