Digitalisierung bringt bisher kaum Wettbewerbsvorteile

Drei Viertel der Unternehmen haben eine Digitalisierungsstrategie, aber sie wurde noch umgesetzt. Umfassende Beratung ist daher weiterhin nötig und gefragt. Das zeigt eine Marktstudie von Lünendonk.

Die meisten Unternehmen in Deutschland befinden sich noch am Anfang der digitalen Transformation. Zwar ist eine große Mehrheit bereits auf der Reise zu digitalen, vernetzten, agilen und vor allem kundenzentrierten Organisationen. Allerdings verfügt nur jedes zweite Unternehmen von 121 untersuchten Großunternehmen und Konzernen über eine Digitalisierungsstrategie und hat mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen für die einzelnen Bereiche begonnen. So lautet das zentrale Ergebnis der Lünendonk-Studie „Business Innovation/Transformation Partner – Wo stehen Unternehmen heute?“, für die Lünendonk & Hossenfelder Führungskräfte telefonisch und persönlich befragt hat. Die Ergebnisse stehen kostenfrei zum Download bereit.

Bei der Umsetzung ihrer Digitalisierungsstrategien sehen sich die befragten Unternehmen bestenfalls auf Augenhöhe mit ihren Wettbewerbern – obwohl 67 Prozent von ihnen Jahresumsätze von mehr als fünf Milliarden Euro erzielen, sie damit zu den jeweiligen Branchenführern gehören und Wettbewerbsvorteile für Unternehmen dieser Größenklasse für ihre Überlebensfähigkeit enorm wichtig sind.

Mehr Augenhöhe als Wettbewerbsvorsprung

Für die Unternehmen ist die digitale Transformation nach wie vor eine komplexe und langfristige Herausforderung. Dabei gelingt es ihnen unterschiedlich gut, ihre Geschäftsmodelle neu auszurichten und Prozesse zu digitalisieren. „Auffallend ist, dass sich Unternehmen oftmals schwer tun, bestehende Denkmuster und Abläufe zu verlassen, um Operating Models an neue Kundenanforderungen anzupassen“, berichtet Studienautor Mario Zillmann, Partner bei Lünendonk. „Dabei ist gerade die Fähigkeit, neue Geschäftsmodelle mit einem stärkeren Fokus auf die spezifischen Bedürfnisse einzelner Kundengruppen zu entwickeln sowie schnell und mit hohem Automatisierungsgrad auf Marktveränderungen reagieren zu können, wesentlich für das Gelingen einer Transformation – und damit für den Aufbau von Wettbewerbsvorteilen.“

Hier gibt es allerdings noch viel Luft nach oben. Mehrheitlich sehen sich die Studienteilnehmer entweder genau so gut oder schlecht aufgestellt wie der Wettbewerb. Zwar stufen 30 Prozent der befragten Unternehmen die eigene Innovationsfähigkeit so hoch ein, dass sie von einem Wettbewerbsvorsprung sprechen. Geht es jedoch darum, auf Marktveränderungen zu reagieren, sehen nur 20 Prozent einen Vorteil gegenüber dem Wettbewerb.

Die Customer Journey gilt als Erfolgsfaktor

Voraussetzung für die Generierung neuer Erlösquellen ist die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle beziehungsweise die Ergänzung bestehender Geschäftsmodelle durch digitale Komponenten. Nahezu jedes zweite Unternehmen (48 Prozent) unter den Teilnehmern der Lünendonk-Studie nutzt bereits digitale Geschäftsmodelle; weitere 41 Prozent stehen kurz vor dem Rollout. Dabei kommt es aus Sicht von 78 Prozent der befragten Führungskräfte sehr stark auf die Berücksichtigung neuer ‚Customer Journeys‘ an, die sich aus der datengestützten Analyse des Kundenverhaltens und seinen Interaktionen ergeben. 73 Prozent gaben in den Interviews zwar an, mit agilen Methoden zu arbeiten, allerdings greifen 66 Prozent der Unternehmen weiterhin auf klassische Organisations- und Abwicklungsprozesse zurück. „Zwei Drittel der Unternehmen haben demnach ihre Projektorganisationen und Prozesse bisher nicht oder nur teilweise für die Anwendung agiler Entwicklungsmethoden umgebaut“, erläutert Zillmann.

„73 Prozent der befragten Unternehmen arbeiten zwar mit agilen Methoden, allerdings greifen 66 Prozent weiterhin auf klassische Organisations- und Abwicklungsprozesse zurück“, berichtet Mario Zillmann, Autor der Lünendonk-Studie. „Zwei Drittel der Unternehmen haben demnach ihre Prozesse bisher nicht oder nur teilweise für die Anwendung agiler Entwicklungsmethoden umgebaut.“ Quelle: Lünendonk & Hossenfelder

Dienstleistungsportfolio für alle Projektphasen

Geht es konkret um die Entwicklung und Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle, haben innovative und umsetzungsstarke Beratungs- und IT-Dienstleister aus Sicht von mehr als 78 Prozent der Studienteilnehmer eine große Bedeutung für eine erfolgreiche Projektrealisierung. „Es wird dabei immer wichtiger, dass Beratungs- und IT-Dienstleister die Customer Journey sowie die Anforderungen der jeweiligen Endkunden ihrer Auftraggeber verstehen und darauf aufbauend digitale Lösungen und neue Geschäftsmodelle entwickeln“, erläutert Zillmann. „Sie benötigen daher ausgeprägte Kompetenzen in Digital Customer Experience Services wie Digital Consulting, Development von Ideen, Big Data Analytics oder Prozessoptimierung. Darüber hinaus ist die IT-Beratungs- und Implementierungsexpertise in den meisten Ausschreibungen ein Muss-Kriterium. Die Kombination aus diesen beiden Kompetenzfeldern können derzeit aber nur sehr wenige Anbieter am Markt bieten.“

Kunden wollen einen zentralen Consulting-Partner

Zwei Drittel der befragten Großunternehmen und Konzerne decken am liebsten alle Phasen eines Digitalisierungsprojekts mit einem einzigen Dienstleistungspartner ab. Um diese Anforderungen zu erfüllen, ist ein integriertes Beratungs- und Transformationsportfolio notwendig, das sowohl Managementberatungs- als auch IT-Dienstleistungen enthält. Lünendonk bezeichnet diese Kombination als Business Innovation/ Transformation Partner (BITP).

Im Rahmen dieser Studie hat Lünendonk die Anforderungen der Kunden an Beratungs- und IT-Dienstleister bei Digitalisierungsprojekten strukturiert. Dabei hat sich ein Kernportfolio an Leistungen herausgebildet, das Anbieter haben sollten, um bei Ausschreibungen erfolgreich zu sein. Dabei geht es um ein breites Angebot an Beratungs- und Transformationsleistungen wie Digital Consulting, Fach- und Organisationsberatung, IT-Beratung und Systemintegration sowie Technologieberatung bei Themen wie Big Data, Cloud, Künstliche Intelligenz oder Automatisierung. „Da kritische Phase vieler Digitalisierungsprojekte besteht vor allem in der Operationalisierung von Digitalstrategien“, erläutert Zillmann. „Den Transformations-Services wie Organisationsberatung und IT-Umsetzung kommt daher im Portfolio eines Business Innovation/ Transformation Partners ein besonders hoher Stellenwert zu.“ Jürgen Frisch

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