Coaching Zone: Stolpersteine auf dem globalen Parkett

Ausgabe 12/2012

Die Implementierung eines ERP-Systems auf internationaler Ebene ist für Unternehmen keine triviale Angelegenheit. „Sieben Stolpersteine“ zeigen, worauf IT-Manager achten müssen.

Neben einer Vielzahl von Faktoren vom Kostenrechnungsmodell über Nummernkreise bis zur Datensicherung, spielen bei einem internationalen Enterprise-Resource-Planning(ERP)-Projekt auch die weichen Faktoren eine wichtige Rolle. „Sieben Stolpersteine“ zeigen, worauf Unternehmen achten sollten.

Realistische Zeit- und Ressourcenplanung für die Implementierung
Während Unternehmen den jeweiligen ERP-Hersteller beim Kauf einer Lösung meist auf einen strikten Zeitplan für die Implementierung festlegen, werden die eigenen Ressourcen häufig falsch eingeschätzt. Sie werden in der Regel nur oberflächlich definiert und nicht detailliert bis auf die Ebene der betroffenen Fachabteilungen geplant. Dabei ist in der Praxis davon auszugehen, dass für jeden externen Beratungstag zwei bis drei Tage an internen Arbeitsleistungen anfallen können. Generell werden bei der Planung die vorbereitenden Arbeiten meist nicht ausreichend berücksichtigt, zum Beispiel die Konsolidierung von Stammdaten. Landesorganisationen verfügen oft über eigene Artikel- oder Stücklistennummern oder -strukturen, die vor der Einführung einer zentralen ERP-Lösung erst noch bereinigt und konsolidiert werden müssen.

Teambildung
Auch wenn die Einführung eines unternehmensweiten ERP-Systems immer eine zentrale Entscheidung der Geschäftsführung sein wird, so kann eine Implementierung doch nur erfolgreich sein, wenn sie als gemeinsame Aufgabe aller Niederlassungen verstanden wird. Haben regionale Organisationen den Eindruck, dass ihnen ein neues System bloß aufoktroyiert oder das „eigentlich“ bessere System weggenommen wird, so wird sich das im Prozess der Realisierung in mehr oder weniger starken Friktionen niederschlagen. Damit alle Beteiligten an einem Strang ziehen, müssen die verantwortlichen Stellen offen kommunizieren, rechtzeitig für Teamgeist sorgen, Hindernisse aus dem Weg räumen und Anreize schaffen.

Auswahl des Herstellers
Wer ein ERP-System international einsetzen will, muss sich auf einen Hersteller verlassen können, der auch international in den entsprechenden Märkten präsent ist. Dazu gehört auch, dass ein Support in der Landessprache geleistet werden kann und dass ein Support-Zeitfenster in der jeweiligen Ortszeit zur Verfügung gestellt wird.

Zentrale IT-Struktur als Basis
Mit Rücksicht auf die in vielen Regionen nach wie vor bestehenden Leitungsprobleme wählen Unternehmen für ihre ERP-Systeme in fernen Ländern immer wieder dezentrale Lösungen. Durch diesen Ansatz entstehen jedoch Probleme, beispielsweise bei der Datenkonsistenz oder beim In­stallieren von Programmänderungen und Upgrades. Die dabei entstehenden Kosten sind um ein Vielfaches größer als die für die Nutzung zentraler Lösungen notwendigen teueren Verbindungen, zum Beispiel mit MPLS (Multiprotocol Label Switching).

Dokumentation
Die Geschäftsprozesse, die von ERP-Systemen abgebildet werden, sind heute zwar in der Regel vorschriftsmäßig dokumentiert, aber gerade bei internationalen Implementierungen wird häufig versäumt, die Dokumentation auch darüber hinaus aktuell zu halten und beispielsweise Änderungen über den gesamten Lifecycle hinweg nachzudokumentieren.

Vereinheitlichung von Prozessen
Ein einheitliches ERP-System dient immer auch der Vereinheitlichung der Geschäftsprozesse. Dabei müssen bisher dezentral organisierte regionale Gesellschaften in das Gesamt-Modell integriert werden. Bei der Evaluierung unterschätzen Unternehmen diesen Aspekt häufig und setzen insbesondere den jenseits von IT und ERP-Systemen erforderlichen organisatorischen Aufwand zu gering an.

Berücksichtigung gesetzlicher Vorschriften
Dass die jeweils gültigen gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden müssen, ist die selbstverständliche Voraussetzung für den internationalen Einsatz eines ERP-Systems. Viele Unternehmen unterschätzen aber, wie viele Bereiche davon betroffen sind. So muss zwar ein einheitliches, zentrales Controlling aufgebaut werden, das alle Niederlassungen erfasst, dieses muss aber wiederum die lokalen Vorschriften in jedem Land berücksichtigen.

Der Coach:
Herbert Feuchtinger ist Director Consulting & Support bei IFS in Erlangen

Kommentare sind deaktiviert