Social Collaboration beschleunigt den Workflow

Durch Arbeitsverdichtung, neue Aufgaben und die unternehmens- und länderübergreifende Arbeitsteilung hat sich der kommunikative Anteil der Arbeit in den vergangenen Jahren enorm erhöht. Unternehmensverantwortliche suchen deshalb nach effizienteren Lösungen. Um Web 2.0 orientierte Collaboration-Lösungen effektiv einzusetzen, müssen IT-Manager aber einige technische und organisatorische Voraussetzungen schaffen.

Von Christoph Witte

Social Business-Collaboration-Tools helfen Unternehmen schädliche Kommunikationsdefizite zu beheben. Der Einsatz einer Collaboration-Software bei Megazoo zeigt das Potenzial der Lösungen auf. Megazoo betreibt in Deutschland und Österreich 18 Filialen, in denen das Unternehmen  ein breites Sortiment von Tiernahrung, Zubehör sowie Kleintiere und Zierfische anbietet. Der Premium-Anbieter von Tiernahrung hatte gleich mehrere kommunikative Herausforderungen zu bewältigen.

Wie andere Filialisten auch, kämpfte Megazoo lange gegen den fehlenden Austausch der Mitarbeiter untereinander sowie zwischen der Dortmunder Zentrale und den einzelnen Märkten. Auch die Filialisten redeten“ zu wenig miteinander. „Das führte leider manchmal zu etwas merkwürdigen Vorkommnissen“, bedauert Marcel Patalon, Ressortleiter Digitale Kommunikation & CRM bei Megazoo. Während beispielsweise der Markt in Köln ein bestimmtes Futter teuer nachbestellen musste, entpuppte sich das gleiche Produkt in der Düsseldorfer Filiale als absoluter Ladenhüter. „Hätten die Filialeiter miteinander geredet, wäre es nicht nur nicht zu der Nachbestellung gekommen, sondern die Düsseldorfer wären auch den Ladenhüter und damit die Kosten losgeworden“, erklärt Patalon die Chancen gelungener Kommunikation.

Megazoo-Manager Patalon hat viele solcher Beispiele parat und fast immer liegt der Kern des Problems in zu umständlicher Kommunikation, im Fehlen von leicht erreichbaren Ansprechpartnern und im Unwissen darüber, wer im Einzelfall der richtige „Kümmerer“ ist. „Mit funktionierender interner Kommunikation lassen sich nicht nur interne Abläufe verbessern, sondern auch die Kundenzufriedenheit erhöhen“, berichtet der Megazoo-Kommunikator. Als einem Filialleiter beispielsweise seine Kollegen darum bat, einen bestimmten Eiweißabschäumer für Meerwasser-Aquarien wegen zu hoher Geräuschentwicklung aus dem Programm zu nehmen und um neue Vorschläge bat, bekam er innerhalb von Minuten nicht nur Vorschläge für andere Produkte, sondern auch Videos, die genau zeigten, wie das Gerät funktioniert, das den durch die Verwirbelung des Wassers entstehenden Schaum von der Oberfläche absaugt. „Per Mail hätte das nie funktioniert“, berichtet Patalon.

Mitarbeiter bringen ihr Expertenwissen ein

Social-Collab-Witte_ScreenDer Tiernahrungsspezialist hat sein Kommunikationsdefizit inzwischen ausgeglichen. Mit der Software Intrexx Share des Freiburger Anbieters United Planet implementierte Megazoo ein Social Intranet, das den Austausch zwischen Zentrale, Filialen und Mitarbeitern vereinfacht und fördert. „Damit müssen wir zum Beispiel keine Mails mehr an die Filialen schicken, die die Filialleiter oder ihre Stellvertreter vor lauter anderen Aufgaben nicht registrieren“, berichtet Patalon. Heute stellen wir Informationen in den entsprechenden Gruppen im Intranet zur Verfügung. Da schauen die Leute rein, weil dort auch für sie persönlich wichtige Informationen zu finden sind.“ Zu jedem Thema existiert inzwischen eine eigene Share-Gruppe, die von Mitarbeitern selbst eingerichtet worden sind. „Das Tolle an den Kollegen in den Filialen ist, dass sie oft absolute Experten auf ihren Gebieten sind. Jemand, der bei uns in der Aquaristik arbeitet, ist mit großer Wahrscheinlichkeit selbst Aquariumfan mit viel Know-how. Das bringen die Leute gerne ein.“

Berichtsverteilung per Social Collaboration

In den Megazoo-Filialen haben nur der Leiter und sein Stellvertreter Zugang zu einem PC beziehungsweise einem Phablet haben. Der Megazoo-Manager hat einen Trick angewendet, um sämtliche Filialleiter für die Intranet-Nutzung zu begeistern. „Ihre Reports können Sie nur noch per Share kommunizieren;“ erzählt er. Damit kamen die Filialleiter nicht um die Nutzung herum. Inzwischen aber, ist Patalon überzeugt, würde niemand mehr in der Megazoo-Community das Werkzeug missen wollen. Heute nutzen 40 von 200 Mitarbeitern die Collaboration Lösung. Kurz- bis mittelfristig soll das Intranet auf das gesamte Unternehmen ausgedehnt werden.

Das Einführungsprojekt hat zwei Monate in Anspruch genommen. „Wir haben zwar keine ROI-Berechnung für das Projekt gemacht, wir sind aber absolut sicher, dass es sich für uns lohnt“, betont Patalon. Megazoo hat sich übrigens für ein Social Intranet entschieden, “da wir auf diese Weise  ein nachhaltiges Wissensmanagement und einen übergreifenden Austausch von firmeninterner Expertise schaffen können. Ebenso stärken wir das „Wir“-Gefühl bei Megazoo und es entsteht eine Kultur der konstruktiven Kommunikation.“

Verschiedene Ansätze führen zum Collaboration-Ziel

Das Projektbeispiel zeigt. Je stärker Prozesse digitalisiert werden, desto vielfältiger werden die Aufgaben, die Mitarbeiter am Monitor bewältigen müssen. Durch Arbeitsverdichtung, neue Aufgaben und die unternehmens- und länderübergreifende Arbeitsteilung hat sich zudem der kommunikative Anteil der Arbeit in den vergangenen Jahren enorm erhöht. So verbringen einer Arbeitseffizenz-Studie der Akad-Fernuniversität Leipzig zufolge heutige Bürobeschäftigte zwei volle Tage ihrer Arbeitswoche mit Besprechungen und E-Mails. Angesichts dieses zeitlichen Aufwandes allein für Kommunikation suchen Unternehmensverantwortliche nach effizienteren Lösungen suchen.

Als effiziente Alternative beziehungsweise Ergänzung zu bestehenden Kommunikationslösungen kommen wie im Projekt aufgezeigt Social Business-Collaboration-Tools in Frage, wenn die funktional angelehnt an die aus dem privaten Umfeld bekannten Web-2.0-Tools und Sozialen Netzwerken, den Sicherheits-, Datenschutz- und Verfügbarkeitsanforderungen von Unternehmen genügen. Die Funktionen dieser Tools reichen von Profiling über Gruppen, Chats, Microblogging, Tagging bis hin zu Suche und Berechtigungskonzepten (siehe Tabelle am Textende).

Allerdings sind die Funktionen im Business-to-Business (B2B)-Sektor unterschiedlich stark ausgeprägt. Diese Konzepte der digitalen Zusammenarbeit auf Basis von Web-2.0-Funktionalitäten lassen sich mit verschiedenen Ansätzen realisieren. Am häufigsten sind drei Spielarten: Entweder werden vorhandene Intranets „sozialer“ also mit den beschriebenen Funktionen erweitert, es werden neue Social Collaboration Suites eingeführt oder die Anwender erweitern ihre Unified Communication-Lösungen mit Hilfe einschlägiger Hersteller um das Thema Collaboration.

Alle drei Vorgehensweisen bieten Vor- und Nachteile. Während Intranets, die um interaktive Elemente erweitert werden, mitunter an alten Schnittstellen und Kompatibilitätsproblemen leiden, fehlt es Social Collaboration Suites manchmal noch an der Bindung zu den klassischen Geschäftsanwendungen. Die sogenannten Unified Communications- und Collaboration-Tools legen manchmal zu großen Wert auf den Communications- und zu wenig Gewicht auf den Collaboration-Aspekt. Welchen Weg ein Unternehmen letztlich wählt, hängt nicht zuletzt von der vorhandenen Infrastruktur ab. Im Prinzip lassen sich die Vorteile digitaler Kollaboration auf jedem dieser Wege erreichen.

Strategische Umsetzung fehlt häufig noch

Offenbar überzeugen diese Vorteile. Den Marktexperten der Experton Group zufolge nutzen derzeit 40 Prozent der deutschen Firmen ab 100 Mitarbeitern Social Business-Software. Bis Ende dieses Jahres sollen es sogar 60 Prozent sein. Zwar fehlt es vielen noch an einer einheitlichen strategischen Umsetzung, aber offenbar haben viele Unternehmen den Nutzen dieser Software erkannt, die sich auf der einen Seite der Mechanismen des Web 2.0 und der sozialen Netze bedient, auf der anderen Seite aber die Interessen der Unternehmen hinsichtlich Sicherheit, Verfügbarkeit und Nachvollziehbarkeit berücksichtigt. Inzwischen haben Anwender die Qual der Wahl. Im Social Business-Vendor-Report 2014 hat Experton 250 Anbieter von Social Business Collaboration (SBC) identifiziert und gut 100 von Ihnen als relevant eingestuft.

Anwender sehen den Nutzen der Collaboration-Lösungen in verschiedenen Bereichen. Es gibt „weiche“ Motive wie die Attraktivität des Unternehmens für künftige Mitarbeitergenerationen zu erhöhen oder taktische Gründe wie Einsparung von Reisekosten. Auch die nahtlose Einbindung entfernter Mitarbeiter sowie strategische Überlegungen wie Effizienzsteigerung in den Prozessen eines Unternehmens, die Erhöhung der Produktivität oder Steigerung der Innovationsgeschwindigkeit sind Motive für die Nutzung. Ebenfalls oft ins Feld geführt als Grund für den Einstieg ins Social Business wird der Wunsch, ganz allgemein die Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander sowie mit Partnern und Kunden zu erhöhen.

Der Nutzen bildet die entscheidende Größe

Der Implementierungsaufwand hängt ab von den individuellen Voraussetzungen des jeweiligen Unternehmens und den zu erfüllenden Erwartungen. In bislang eher hierarchisch aufgestellten Organisationen, die sich auf Social Business oder Social Collaboration einstellen wollen, ist er zum Beispiel aufgrund notwendiger begleitender Change-Programme sehr viel höher als in Unternehmen mit flachen Hierarchien. Außerdem bestimmen die Fähigkeiten und Erfahrungen der Mitarbeiter mit „sozialen“ Tools den nötigen Aufwand.

Abgesehen von Funktionalität und Aufwand zur Einführung von Social Business Tools ist natürlich die Wirksamkeit ihres Einsatzes die entscheidende Größe. Wenn Social Business Tools nur dazu führen, dass Mitarbeiter ihre außerdienstlichen Aktivitäten besser koordinieren oder den Speiseplan in der Kantine schneller einsehen können, rechtfertigt das den Aufwand in aller Regel nicht. Doch wenn Unterlagen schneller ausgetauscht und/oder gemeinsam erarbeitet werden, sich Experten in kürzerer Zeit finden, Ideen zügiger realisiert und Kunden- sowie Mitarbeiteranfragen schneller beantwortet werden, weil die entsprechenden Informationen zeitnah zur Verfügung stehen, ist der Aufwand für eine Collaboration-Lösung gerechtfertigt.

Befragungen in Anwenderunternehmen, unter anderem von McKinsey und Dachis Group, untermauern die Vorteile von Social Business-Collaboration mit konkreten Zahlen. Danach verbessern entsprechende Plattformen die vier Bereiche Produktivität, Kosten, Umsatz und Unternehmenskultur. So führe der Einsatz von Social Collaboration-Tools beispielsweise zu einem 30 Prozent schnelleren Zugang zu Wissen, zu 35 Prozent verbesserter Zusammenarbeit, 15 Prozent mehr Ideen und Innovationen und immerhin zu 10 Prozent mehr Umsatz.

Ohne Integration bleiben die Tools Makulatur

Natürlich hängt die Auswahl der richtigen Tools stark von den individuellen Gegebenheiten in einem Unternehmen ab – unter anderem auch von der vorhandenen IT-Landschaft. Ohne die Integration der Tools in die produktiven IT-Umgebungen wie Enterprise Resource Planning (ERP)-, Customer Relationship Management (CRM)-, Supply Chain Management (SCM)- oder Office-Software bleibt der Collaboration-Ansatz Fassade. „Dann ist Social Collaboration nicht mehr als eine Verkleidung, unter der die bisherigen Prozesse unbehelligt weiter laufen“, findet Axel Wessendorf, Gründer und Geschäftsführer von United Planet, einem Anbieter von Portal und Social Software. Christoph Witte/hei

 

Funktionen von Social Business Collaboration Software
Profiling Persönliche Daten, Know-how, Projekte Kontaktdaten, werden vom Mitarbeiter hinterlegt. Damit lassen sich die Kompetenz der Kommentare und Postings einschätzen und gerade in größeren Unternehmen sehr schnell Experten zu verschiedenen Themen finden. Außerdem ist hier hinterlegt, zu welchen Communities/Teams der betreffende Mitarbeiter gehört.
Suche Sie kann innerhalb der SBC-Anwendung oder auch darüber hinaus erfolgen, je nachdem, ob eine Schnittstelle zur Unternehmens- oder Websuche existiert.
Activity Bearbeitungsschritte vonTeamaufgaben können hier von Handelnden dokumentiert und von anderen kommentiert und ergänzt werden. Mitarbeiter (und gegebenenfalls auch andere Mitglieder einer Community) haben so jederzeit einen Überblick über ihre To-doss und können den Input ihrer Kollegen dazu gleich mitberück-sichtigen.
Activity Stream Der zentrale „Strom der Aktivitäten“ ist der „Platz“, an dem die unterschiedlichen Aktivitäten, Aufgaben, News, Kommentare oder Microblogs für einen Anwender zentral zur Verfügung stehen.
Communities/Teams/Gruppen Hier werden zu einem bestimmten Thema oder zu Funktionen und Bereichen Gruppen gebildet, die zusammenarbeiten. Sie teilen meistens ein gemeinsames (berufliches) Interesse und/oder eine Aufgabe. Innerhalb einer Community können alle Funktionen einer SBC-Plattform genutzt werden.
Foren/Chat Der Informationsaustausch erfolgt hier wie in einem klassischen Forum und per Instant Messenger, im Google-Talk-, ICQ- oder Facebook-Stil.
Blogs/Microblogs/Wikis Auch sie sind eng an ihre Web-Vorbilder angelehnt, aber meistens mit dem Berechtigungsmanagement des SBC oder des übergreifenden DRM verbunden. Häufig wird auf Basis des Wikis auch der zentrale Editor des SBC-Tools angeboten.
File/Document-Sharing: Dokumente und andere Files können zum Teil sehr feingranular zur gemeinsamen Betrachtung und Bearbeitung freigegeben werden. Das reicht von direkter Bearbeitung im SBC bis hin zu beliebig komplizierten Check-in-/ Check-out-Mechanismen. Jedes File kann von anderen Berechtigten natürlich auch kommentiert werden.
Social Tagging Dies ist eine wichtige Komponente, denn wer nicht taggt, verurteilt das SBC zum Scheitern. Tagging bedeutet – wie Indizieren – sehr schnelles Wiederauffinden von Inhalten.
Social Bookmarking Es funktioniert genauso wie die bekannte Browserfunktion. Allerdings lassen sich gesetzte Bookmarks auch kommentieren und erklären.
Voting/Ranking Auch diese Funktion existiert in verschiedenen Varianten, ist aber immer ähnlich zu ihren Pendants auf Websites und sozialen Netzen. Durch die Intelligenz der Vielen („Schwarmintelligenz“) kommt noch eine wichtige Zusatzkomponente mit in Diskussionen und Weiterentwicklungen.
Mentions/Invitations: Dieses Tool macht auf Inhalte, Ereignisse etc. aufmerksam.
Berechtigungsmanagement Hier wird geregelt, wer wo teilnehmen darf, wer hat Zugang zu welchen Informationen hat und welche Dokumente oder Postings in welchem Fall bearbeitet werden dürfen. SBC-Produkte weisen in diesem Bereich große Unterschiede auf.
Presence-Management Angezeigt werden dabei Verfügbarkeit/ Status (busy, not connected etc.) einer Person. Die Komponente ist nicht in allen SBC-Plattformen vorhanden.
RSS/E-Mailbenachrichtigung Jedes Posting, jede Änderung in einer Community kann sich der Nutzer als RSS-Feed oder als E-Mail-Alert schicken lassen. Die meisten SBC-Tools bieten Wahlfreiheit.
Integrationsmöglichkeiten in/von andere/n Applikationen: Diese Fähigkeit ist in den Produkten unterschiedlich stark ausgeprägt.

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