Digitalisierung revolutioniert das Controlling

Big Data und die Digitalisierung fordern das Controlling heraus. Für die Unternehmenssteuerung lässt sich die neue Datenvielfalt nur mit Hilfe stringenter Governance nutzen. So lautet das Fazit des 29. Stuttgarter Controller-Forums.

Nicht die Digitalisierung an sich ist neu, nur deren Dimension. Den Begriff hat der Zukunftsforscher John Naisbitt bereits 1999 geprägt. Heute, mehr als 15 Jahre später, ist das Thema flächendeckend in der Gesellschaft und der Geschäftswelt angekommen. „Das Controlling muss sich inhaltlich und methodisch neu ausrichten und seine neue Rolle erkennen und annehmen“, formuliert Dr. Uwe Michel, Kongressleiter und Mitglied des Vorstands von Horváth & Partners Management Consulting das Grundthema des Stuttgarter Controller Forums.

Digitale Geschäftsmodelle, Treiber und Enabler

Aus der Perspektive der Unternehmenssteuerung unterteilt Michel die Digitalisierung in drei Wirkungsebenen: die digitale Welt, digitale Motoren und digitale Enabler. Die digitale Welt umfasst digitale Geschäftsmodelle, wie sie beispielsweise bei Start-ups zu finden sind. Hinzu kommt die digitale Wertschöpfung im Sinne einer Smart Factory sowie unternehmensübergreifende Wertschöpfung im Rahmen von Industrie 4.0. Das klassische Controlling entwickelt sich zur digitalen Steuerung weiter und macht sich die Instrumente und Prozesse der Digitalisierung zu Nutze.

Die Treiber dieser digitalen Welt bezeichnet Michel als digitale Motoren. Es handle sich um Technologien, Methoden und Produkte, die im Zusammenspiel wirken. Ein Beispiel hierfür sei Big Data, also die Fähigkeit, sehr große und heterogene und teilweise unstrukturierte Daten mit Hilfe statistischer Analyse auszuwerten. „90 Prozent dieser Informationen waren vor zwei Jahren noch gar nicht vorhanden“, erläutert Michel. „Die Daten lassen sich zu steuerungsrelevanten Informationen auswerten. Die Fähigkeit dazu wird künftig einen Wettbewerbsfaktor darstellen.“

Eine wichtige Grundlage stellt laut Michel die sogenannte quantitative Geschäftsmodellierung dar, welche die Wirkungszusammenhänge in Unternehmen strukturiert, nachvollziehbar und statistisch überprüfbar beschreibt. Digital gestützte Lösungen und Produkte seien Bausteine wie mobile Erfassungsgeräte oder Apps, die in einem Geschäftsmodell oder in einem Steuerungssystem zum Einsatz kommen und eine spezielle Teilaufgabe erfüllen. Als Fundament der Digitalisierung dienten Enabler-Technologien, sowie digitale Service-Architekturen, die eine flexible Nutzung und Orchestrierung von geschäftsprozessorientierten technischen Diensten ermöglichten sowie hochintegrierte Gesamtlösungen für die Finanzbuchhaltung und das Controlling, welche die Kernprozesse end-to-end unterstützen.

Governance stellt die Konsistenz der Daten und Analysen sicher

Eine Klammer um alle drei Wirkungsebenen bildeten die Themen Governance, Ethik und Sicherheit. „Sie stellen eine effiziente Nutzung und Umsetzung der Digitalisierung sicher und sorgen gleichzeitig für die Einhaltung der unternehmerischen Werte und Standards“, erläutert Michel. Die neuen Möglichkeiten aus Big Data und Business Analytics seien potenziell Nährboden für unkoordinierte dezentrale Optimierungsansätze, die bereichsübergreifende Zusammenhänge nicht berücksichtigen. Damit bestehe die Gefahr, dass das Management ständig mit inkonsistenten und suboptimalen Entscheidungsvorschlägen konfrontiert werde. „Eine umfängliche Governance ist daher unerlässlich, um die Kompatibilität und Konsistenz der Daten, der Analysemodelle der Ergebnisse sowie der Entscheidungsmodelle sicherzustellen“, erläutert der Kongressleiter. Andererseits dürfe die Governance nicht zu einem starren Korsett verkommen, das eine zielgerichtete Nutzung von Big Data und Business Analytics erschwert oder gar unmöglich macht.

Ausgangspunkt für die Umsetzung einer digitalen Steuerung kann laut Michel eine digitale Bestandsaufnahme sein, die den Status Quo der Digitalisierung erfasst. Die identifizierten Handlungsfelder dienten als Grundlage für eine digitale Strategie und Roadmap, durch die der Chief Financial Officer (CFO) zusammen mit dem Controlling konkrete Maßnahmen definierte. In Pilotprojekten würden exemplarisch Lösungen erarbeitet, um das Potenzial aufzuzeigen. Ergänzend könne eine Modernisierung der transaktionalen Systeme hinzukommen. In-Memory-Systeme wie SAP S/4HANA und analytische Datenbanken seien wichtige Enabler für eine durchgängige digitale Steuerung.

Digital Labs entwickeln gemeinsam Einsatzszenarien

Wie die Wirkungsdimensionen der Digitalisierung auf das Controlling aussehen, beschreibt Thomas Spitzenpfeil, Mitglied des Konzernvorstands und CFO bei der Carl Zeiss AG im ersten von insgesamt über 30 Kongressvorträgen. Spitzenpfeil unterscheidet drei Themenfelder, nämlich das Controlling der Digitalisierung, das Controlling des Digitalisierten und schließlich die Digitalisierung im Controlling. Das strategische Controlling befasse sich mit der Frage, welche Chancen und Risiken sich aus der Digitalisierung für das Unternehmen ergeben und wie diese genutzt werden. Die Digitalisierung müsse als strategischer Bestandteil der strategischen Planung mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden. Beim Controlling des Digitalisierten gehe es zunächst um das Schaffen von Rahmenbedingungen. Die technischen Möglichkeiten ebneten den Weg für neue Geschäftsprozesse und für Produkte, die vorher nicht erstellt werden konnten. Dieser Paradigmenwechsel erfordere eine neue Art der Produktkalkulation und der Preisfindung. Wichtig seien sowohl Key Performance Indicators als auch Exit-Strategien, anhand derer sich nachhaltig unprofitable Produkte oder Dienstleistungen stoppen ließen. Bei der Digitalisierung des Controllings schließlich gehe es um intelligente IT-Systeme, welche künftig reine Reporting-Funktionen weitgehend selbstständig durchführten. Der Controller könne sich daher stärker als bisher zum Business Partner und Berater des Managements entwickeln. „Die Digitalisierung steckt noch in den Kinderschuhen, und derzeit gibt es mehr Fragen als Antworten“, berichtet Spitzenpfeil. „Wir haben bei Zeiss Digital Labs eingerichtet, in denen Mitarbeiter aus den Fachabteilungen und aus der IT gemeinsam neue Szenarien testen.“

Central Digital Unit entwickelt digitale Produkte und Lösungen

Wie die Digitalisierung eines Geschäftsmodells praktisch aussieht, beschreibt der Vortrag von Dr. Ali Arnaout, Senior Vice President und CFO beim Kreuzfahrtveranstalter Aida Cruises. „Wir haben bereits auf allen Schiffen digitale Endgeräte sowie ein Bordportal für unsere Kunden, wir haben Apps für Smartphones und Tablets und wir sind zudem in Social Media aktiv“, beschreibt Arnaout die Ausgangslage des Touristikunternehmens. „Bisher sind das allerdings unverbundene Dateninseln. In Zukunft wollen wir sämtliche Lösungen vernetzen.“ Aida Cruises hat ein Unternehmensmodell entwickelt, um strategisch und operativ die maximale Wertschöpfung aus den neuen Technologien zu ziehen. Hierbei geht es zum einen um eine verbesserte Kundenerfahrung und zum anderen um eine optimierte Performance der Kreuzfahrtschiffe durch Predictive Maintenance. Im Rahmen einer Reorganisation wird das Unternehmen seit Februar dieses Jahres umgestaltet. Neu geschaffen wurde dabei die sogenannte Central Digital Unit. Diese Einheit soll die einzelnen Touristik-Marken mit digitalen Produkten versorgen. Produktinnovationen sollen im Zentrum der digitalen Innovation stehen. Die jetzige IT-Infrastruktur werde dabei langfristig komplett neu aufgestellt. Die ersten Maßnahmen der Digitalisierung erfolgreich abgeschlossen. Die Weiterentwicklung des Controllings, also beispielsweise eine tagesaktuelle Steuerung im Vertrieb, stehe allerdings noch aus. „Ein neues übergreifendes Reporting-System muss noch entstehen“, berichtet Arnaout.

Controlling Preis der Péter-Horváth-Stiftung

Über den von Dr. Dr. h.c. mult. Péter Horváth (links) verliehenen Preis für die beste wissenschaftliche Arbeit zum anwendungsorientierten Controlling freut sich Dr. Florian Hojak, der seine Doktorarbeit zum Thema Restrukturierungs-Controlling an derTechnischen Universität München verfasst hat. ©: FOR IMPACT/Lipskoch

Über den von Dr. Dr. h.c. mult. Péter Horváth (links) verliehenen Preis für die beste wissenschaftliche Arbeit zum anwendungsorientierten Controlling freut sich Dr. Florian Hojak, der seine Doktorarbeit zum Thema Restrukturierungs-Controlling an derTechnischen Universität München verfasst hat. ©: FOR IMPACT/Lipskoch

Wie in den Vorjahren wurde auf dem Forum der mit 25.000 Euro dotierte Controlling-Preis verliehen, den die Péter-Horváth-Stiftung alljährlich für die beste wissenschaftliche Arbeit zum Thema anwendungsorientiertes Controlling ausschreibt. Preisträger ist Dr. Florian Hojak, der an der Technischen Universität München eine Doktorarbeit zum Thema ‚Gestaltung des Restrukturierungscontrollings – eine theoretische Betrachtung und empirische Untersuchung‘ verfasst hat. „Die Arbeit verbindet Theorie und Praxis in vorbildlicher Weise“, lobt Prof. Dr. h.c. mult Péter Horváth. „Sie zeigt anhand von Modellgruppen typische Situationen von Unternehmen in der Krise auf und liefert zum anderen konkrete Gestaltungsvorschläge, wie ein Restrukturierungs-Controlling aussehen kann.“ jf

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