SAPs Cloud Suite gefällt – aber die Updates haken

Funktional sind die Anwender mit SAP Business ByDesign durchaus zufrieden. Updates jedoch laufen laut der Anwendervereinigung DSAG holprig. Die Walldorfer verweisen auf Schnittstellenprobleme und versprechen bessere Tests. (Ausgabe 4/2013)

Im Vergleich zu 2012 hat das Thema Cloud bei SAP-Anwendern an Bedeutung gewonnen: Damals planten laut Investitionsumfrage der SAP-Anwendervereinigung DSAG fünf Prozent der Befragten Investitionen in diese Richtung, aktuell ist das Thema für 25 Prozent der Befragten relevant. Elf Prozent wollen sich in den kommenden zwölf Monaten damit stärker beschäftigen. Gut ein Drittel der Befragten befasst sich gar nicht damit. „Aktuell ist Cloud Computing noch kein Paradigmenwechsel, der bei den SAP-Kunden angekommen ist“, erläutert DSAG-Geschäftsführer Mario Günter. „Das Thema entwickelt sich nach und nach, wobei unsere Mitglieder die Cloud-Lösung SAP Business ByDesign momentan stärker als Suite einsetzen denn als Einzelbestandteile wie beispielsweise SAP Financials on Demand.“ Die Investitionsumfrage hatte die DSAG im Dezember 2012 und Januar 2013 mit 367 Teilnehmern in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt.

Die Version 13.02  bringt 500 zusätzliche Funk­tionen

Funktional sind die Anwender mit dem aktuellen Release 4.0 von SAP Business ByDesign laut Günter sehr zufrieden: „Was den Aufwand anbelangt, handelt es sich im Vergleich zu den Vorgängerversionen um das beste Upgrade, das wir je hatten. Die SAP hat damit einen Schritt in die richtige Richtung getan.“ Die 500 Neuerungen in der Version 13.02 betreffen laut Rainer Zinow, Senior Vice President der SAP Cloud Unit, zu rund 80 Prozent konkrete Anfragen von Anwendern. So böten beispielsweise zusätzliche Funktionen aus den Bereichen Vertriebsstücklisten, weitere Flexibilisierung in der Preis- und Konditionenfindung, neue Integrationsszenarien zwischen Mutter und Tochtergesellschaft sowie mehrstufige Genehmigungsprozesse. Andere Funktionen unterstützten Projektmanager dabei, Genehmigungen vom Team einzuholen und Aufträge an Subunternehmer zu vergeben.
Die enge Integration von Microsoft Office sowie die Unterstützung von Windows Mobile ermöglichten mobile Szenarien in Sachen Zeiterfassung, Spesenabrechnung, Customer Relationship Management (CRM) sowie Analytik. Generell bekämen Unternehmen über die integrierte In-Memory-Analyselösung SAP HANA schneller Einblick in ihre Geschäftsabläufe und könnten auf der Grundlage aktueller Unternehmensdaten Entscheidungen in Echtzeit treffen.
Über das SAP Solutions On ­Demand Studio, einer Arbeitsumgebung für das Erstellen und Veröffentlichen von Cloud-Erweiterungen, können Kunden von SAP Business ByDesign erstmals eigene Länderversionen erstellen. Einer der ersten Anwender dieser Funktion ist der Bohrmaschinenhersteller Hilti, der damit Länderversionen für Serbien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Albanien und die Slowakei erstellt hat. „Die Sprache der Benutzeroberfläche wurde hier nicht übersetzt, denn die Anwender im Stammhaus wollen ja lesen, was die Auslandsfiliale bestellt“, berichtet Zinow. „Vielmehr hat Hilti die Formulare und die Steuereinstellungen lokalisiert.“ Die SAP stelle das Lokalisierungskit nun Kunden zur Verfügung, um nicht selbst den Flaschenhals für die Verfügbarkeit neuer Länderversionen darzustellen.
Die aktuelle Zahl der Benutzer von SAP Business ByDesign verrät Zinow nicht. Weltweit habe die SAP inzwischen 270 Partner, davon 75, welche die Lösung nicht nur verkaufen und implementieren, sondern auch um eigene Erweiterungen ergänzen. Deutsche Beispiele hierfür seien GIS, die eine Instandhaltungslösung für Windenergieanlagen gebaut haben, und DataOne mit einer mobilen Anwendung für Projektmitarbeiter.

Der App-Store dient bislang primär zur Information

Der App-Store nach dem Vorbild von Apple enthalte inzwischen 200 Anwendungen und Erweiterungen, deren Anwendungsgebiet bei russischen Formularen beginnt und bis zu einer kompletten Chemielösung von Accenture reicht. Als Einkaufskanal nutzen die Kunden den App-Store laut Zinow lediglich bei kleinen Erweiterungen. „Bei Branchenlösungen hingegen sehen sich Interessenten im App-Store um und nehmen dann direkt Kontakt mit dem jeweiligen Partner auf. Der App-Store ist momentan ein Schaufenster, in dem Partner ihr Branchen-Know-how darstellen. Den durchgängigen elektronischen Einkauf einer solchen Lösung nutzen die Unternehmen bislang eher selten.“ Auch DSAG-Geschäftsführer Günter betrachtet den App-Store zumindest momentan eher als nachrangigen Vertriebskanal: „Die Beziehung des Kunden zum Vertriebsbeauftragten der SAP ist momentan der ausgeprägteste Kanal, wie Software zum Kunden kommt. Je kleinteiliger allerdings das Erweiterungsgeschäft über Cloud und Mobile künftig ausfällt, desto höher wird die Akzeptanz des Stores steigen. Bei Funktionserweiterung mit geringem Funktionsumfang oder für kleine Zielgruppen mit geringen Lizenzkosten, könnte dies künftig sogar einer der zentralen Vertriebskanäle werden.“
Trotz aller funktionalen Begeisterung der Anwender liegt laut DSAG momentan ein dunkler Schatten auf SAP Business By­Design: die Upgrades erfordern noch einen zu hohen Aufwand und sind alles andere als geräuschlos. „Vor einem Upgrade müssen die Unternehmen die Geschäftsprozesse in ihrem Testsystem verifizieren“, berichtet Günter. „Trotzdem gab es  Fälle, wo nach dem Upgrade im Produktivsystem Fehler aufgetaucht sind, die vorher im Test nicht da waren. Das können die Kunden nur schwer akzeptieren und sie fragen sich, warum sie aufwändige Tests fahren müssen.“ Auch nach der Fehlerbearbeitung durch den SAP-Support müssten die Unternehmen erneut testen, ob das geänderte Update nun ihren Anforderungen entspreche.

Geänderte Schnittstellen benennt SAP als Problemquelle

Zinow bestätigt zwar kleinere Probleme bei den Upgrades, verweist allerdings auf Einzelfälle: „Solange ein Kunde nur wenige Schnittstellen zu externen Systemen und wenige Add-ons nutzt, bekommt er von einem Upgrade kaum etwas mit.“ Das treffe auf weit über 90 Prozent der Anwender zu. „Ein Problem kann allerdings dann entstehen, wenn ein Anwender ein externes System an seine On-Demand-Lösung ankoppelt und sich die Schnittstellen dafür von einem zum anderen Featurepack ändern.“ Änderungen an Schnittstellen kündige die SAP fast ein Jahr im Voraus an. Meist handle es sich dabei um eine Fehlerbereinigung: „Wir konstruieren die Schnittstellen so, dass nur konsistente Daten von außen ins System reinkommen“, erklärt Zinow. „Manchmal stellen wir im Live-Betrieb fest, dass wir beispielsweise zwei bis drei mögliche Fehlersituationen im Vorfeld besser abfangen müssen. Dann überarbeiten wir die Schnittstelle.“ Auch wenn die Technik nach der Fehlerkorrektur stimmt, wollen die Walldorfer in der Kommunikation zu den Partnern nachlegen: „Hier muss die SAP noch besser werden“, räumt Zinow ein. „Wir werden die Partner proaktiv ansprechen, damit sie nach einer solchen Änderung tes­ten, ob ihre Systemerweiterungen nach wie vor korrekt arbeiten.“
Auch die Anwender bittet die SAP beim Testen von Upgrades um Mithilfe: „Nachdem wir alle internen Tests abgeschlossen haben, ziehen wir einen Snapshot vom Produktivsystem des Kunden, spielen dort das neue Featurepack ein und geben dem Kunden vier Wochen Zeit, dass er testet, ob alles rund läuft“, berichtet Zinow. „Bekommen wir eine positive Bestätigung, ziehen wir das Update im Produktivsystem durch.“ Eine mögliche Lösung für die teilweise holprigen Upgrades sieht Zinow in verbesserten Testverfahren: „Ein Business ByDesign-System ohne Erweiterungen und Add-ons kann die SAP heute sehr gut maschinell testen. Dafür haben wir über 20 000 Skripts, die tagelang die Systeme untersuchen.“ Nun suche die SAP ein Verfahren, diese maschinellen Tests für Partner verfügbar zu machen. „Wir überlegen gemeinsam mit den Partnern, welche Instrumente wir ihnen an die Hand geben können, damit sie ihre Erweiterungen ähnlich intensiv testen können wie wir  selbst.“ Das Ziel der Walldorfer sei es, „die Anzahl der Fehler bei Upgrades in den Promille-Bereich zu drücken.“ Bis wann dieses Ziel erreicht sein wird, kann Zinow nicht sagen.

Bei Stammkunden halbiert sich der Release-Zyklus

Um die Belastungen durch Systemtests zu minimieren, hat die DSAG in einem ersten Schritt mit der SAP vereinbart, für Stammkunden die Zahl der Upgrades von vier auf zwei pro Jahr zu reduzieren. Neukunden haben weiterhin viermal pro Jahr eine Upgrade-Möglichkeit. Das Überspringen oder Auslassen eines Upgrades durch den Kunden ist laut SAP nicht möglich. Damit sich die Codebasis der Kundenlösungen nicht auseinanderentwickelt, bekommen die Stammkunden mit lediglich zwei Upgrades pro Jahr jeweils ein Doppelpack eingespielt.
Neben der Forderung nach einer Reduktion der Release-Zyklen für Stammkunden hat sich die DSAG erfolgreich dafür eingesetzt, dass die SAP hinsichtlich des Upgrade-Zeitraums und der dann neuen Funktionalität mehr Transparenz walten lässt: „Die SAP teilt den Anwendern bereits ein Jahr im Voraus mit, wann er ungefähr mit einem Upgrade rechnen muss“, berichtet Günter. „Je näher der Termin rückt, desto konkreter wird das Zeitfenster. So kann der Kunde genau planen.“ Nach einem erfolgreichen Update informieren Buttons die Anwender bereits auf der Startseite über neue Funktionen in ihrem Bereich“, erläutert Günter. „Die Hilfefunktion dokumentiert im Detail, welche neuen Möglichkeiten der Anwender hat.“

Cloud-Anwender brauchen Basis-Expertise bei Adaptern

Den ersten Groll der Anwender hat die Einigung zwischen DSAG und SAP aus dem Weg geräumt. Updates, die ohne großen Aufwand im Hintergrund laufen, stehen aber immer noch ganz oben auf der Wunschliste. Laut Günter verlegen Unternehmen ihre Systeme unter anderem deswegen in die Cloud, um sich nicht mehr darum kümmern zu müssen: „Anwender von Inhouse-Systemen können sich im Problemfall mit der hauseigenen IT-Abteilung selbst helfen. Die typischen Cloud-Anwender im unteren Mittelstand haben jedoch keine oder nur eine sehr kleine IT-Abteilung, und daher müssen die Fachabteilungen das IT-System betreuen.“ Ein hoher Aufwand für die Fehlerbehebung behindere diese Anwender direkt im Kerngeschäft.“ Zinow stimmt der Auffassung zu, dass Cloud-Anwender prinzipiell keine eigene IT-Abteilung brauchen, schränkt aber gleichzeitig ein: „Wenn ein Unternehmen eine heterogene IT-Landschaft betreibt, sollte es zumindest ein Stückchen Expertise vorhalten, um die Schnittstellen  zwischen SAP- und Nicht SAP-Anwendungen überwachen zu können. SAP-Programmierer haben in diese Daten keine Einsicht.“ Nötig sind laut Zinow periodische Kontrollen, ob beispielsweise die Warteschlangen leer sind oder ein empfangendes Programm eine Message abgelehnt hat. Das könnte auch der Partner übernehmen, der die Erweiterung programmiert hat.jf

Kommentare sind deaktiviert